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in der Galerie Tanner. Er sagt zwar nicht, daß Arp, van Rees 
und Madame van Rees die ersten Dadaisten gewesen sind, 
glaubt sie aber zu einer Gruppe von Menschen rechnen zu 
müssen, die „ni art ni peinture“ gemacht, dagegen eine 
Welt ,Jde transparence ligne precision“ in ihren Schädeln 
gehabt haben. Ob das wahr ist, werden wir später sehen. 
Ich habe schon verraten, daß Dada als transcendente 
Angelegenheit ohne Anfang und Ende ist und sehe nicht ein, 
warum m^n bei einer geschichtlichen Betrachtung der Be 
wegung den Anfang eher setzen soll, als bis das Wort Dada 
gefallen ist. Das Wort Dada wurde aber im Februar 1916 
wie Jesus Christus in einem Pferdestall geboren. In diesem 
Pferdestall, der von einem ingeniösen Architekten in eine 
obere und eine untere Etage geteilt worden war, bewohnte 
mein Freund Hugo Ball mit seiner Freundin Emmy Hennings 
den oberen Teil. Unten hatte sich eine Art von Modistin 
breit gemacht, der ganze Holz verschlag, der die Wiege der 
bedeutendsten Weltreligion werden sollte, lag im Hof 
eines alten Hauses, das nach Kot, Mohrrüben und Wäsche 
stücken roch. Es war eine jämmerliche Wohnung. Durch 
den Himmel zog sich ein Netz von Stricken, auf dem die 
Hosen verzankter Zimmerwirtinnen einer neuen Bestimmung 
entgegentrockneten, in den Ecken häufte sich der rauchende 
Schutt und auf den Dächern gingen am lichten Tage die 
Kater mit aufgerichteten Schwänzen als phantastische 
Embleme einer feuchten Dunkelheit, die aus den Fenster 
luken kroch. In diesem Mittelaltermilieu, gestört von dem 
eifrigen, aber sinnlosen Gehämmer eines Böttchers und 
von den Schlägen einer gewaltigen Kirchenglocke hauste 
und arbeitete mein Freund Hugo Ball mit Emmy Hennigs 
unentwegt der Ewigkeit entgegen. Ball hatte Deutschland 
verlassen, um nicht in dem patriotischen Narrenhaus, in 
dem Verbrecher regierten und Esel einen masochistischen 
Tanz von unerhörter Glorie auf führten, von dem schön be 
drohlich aufgeklappten Maul des Bezirkskommandos (General 
Papestraße allen Auguren zu einem feierlichen Fächeln) ge 
fressen zu werden. Emmy Hennigs hatte sich in Deutsch 
land die Sympathien aller Menschen erworben, mit denen
	        
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