sie zusammengekommen war und das war keine kleine Zahl.
Ich habe sie sehr geliebt; aber dann hat sie dieser Ball doch
geheiratet. Mit Emmy Hennigs, die sehr gut Chansons vor
tragen und ihre eigenen Gedichte mit einer müden traurigen
Stimme sprechen konnte, sodaß alle von ihr entzückt waren,
insbesondere aber die Bourgeois, die gut gegessen hatten —
gründete «.Hugo Ball das Cabaret Voltaire. Das berühmte
Cabaret Voltaire erstand in Niederdorf in Zürich, in einem
ganz schmutzigen Winkel, in der Kneipe eines Holländers,
der zwar sehr wenig Verständnis für künstlerische Dinge
aber ein geschicktes kaufmännisches Temperament und einen
hellen Kopf (bon sens) hatte. „,Dans la plus obscure rue
sous l’ombre des cötes architecturales“ singt der berühmte
Troubadour des Dadaismus. Aber er hat Recht (wie der
Dichter ja immer Recht hat, nicht wahr?). Ja, es war hier
sehr dunkel; die Gasse, hoch aufsteigend, sich in phantastisch
von stetem Halbdunkel übergossene Mauervorsprünge ver
lierend, abends von schwebenden roten Bampen, die zwischen
den geschachtelten Wänden des Himmels balanzierten,
punkthaft erleuchtet. Das Fokal, am Tage wie ein Grab
gewölbe, tanzte am Abend unter dem Geflatter einiger
Gaslampen und während Ball am Klavier den Tipperary
spielte, während Emm^ in ihrem dürftigen Kleidchen sang,
stand der alte Jude, dem der ganze Rummel gehörte, mit
fröhlicher Fresse hinter seinem Büfett. Ball hatte einen
sogenannten expressionistischen Roman geschrieben, dem
er angesichts des spießigsten Publikums der Welt, das von
Zeit zu Zeit durch betrunkene Studenten ergänzt wurde,
hin und wieder ein Kapitel abrang. Mir ist heute noch die
Naivität unverständlich, mit der wir damals ganz indifferen
ten Bürgern unsere Kunst vorsetzten. (Das Cabaret Voltaire
war Mitte Februar gegründet worden; am 26. Februar kam
ich selbst aus Deutschland mit derselben Vorliebe für das
deutsche Militär). Ja, mir ist das ganz unverständlich.
Die Züricher, von den Franzosen mit dem ehrenvollen
Titel Triple-Boches belegt, ein intelligentes Völkchen, aber
sehr dumm — mit dem ehrlichen deutschen Bestreben,
etwas zu verstehen, aber etwas beschränkt in ihren Mitteln