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wir erfanden das statische Gedicht, das concert des voyelles
und gaben mit Knarren und Kindertrompeten der brui-
tistischen Musik der Futuristen eine besondere Note. Wir
freuten uns über die Turbulenz in unseren Köpfen, jagten
den eleganten Weibern nach, die sich von Paris nach Zürich
verirrt hatten, soffen uns toll und voll und schimpften Tod
und Teufel über die Prüderie der unendlich biederen Triple
boches. Im Juni 1916 publizierten wir ein Sammelheft
„Cabaret Voltaire“, in dem wir zum erstenmal von Dada
sprachen. Ich schrieb damals in einer Schweizer Zeitung
die folgende Kritik, die gut zu zeigen vermag, wie wenig
wir in der Fülle unserer Energien von einer einheitlichen
Tendenz zu sprechen wagten.
Cabaret Voltaire.
Das Cabaret Voltaire wurde von Herrn Hugo Ball
gegründet. Seit Beginn stand Frau Emmy Hennings
im Mittelpunkt des Repertoirs und ihr Ruf trug in der
Hauptsache mit zu dem großen Erfolge des Cabarets bei.
Diesem Erfolge verdanken die zahlreichen Interessenten
heute die Herausgabe eines Sammelheftes. Eine Reihe
von jungen Menschen, die in der Kunst etwas bedeuten
wollen, weil ihnen die Kunst soviel bedeutet, die Mit
arbeiter dieses kleinen Buches, haben sich in dem Cabaret
Voltaire zur Propagierung und öffentlichen Diskussion
einer modernen Kunstrichtung gesammelt. So wie Mari-
netti, Apollinarire, Kandinsky, die sie als Größen aner
kennen, sind sie Feinde dessen, was der Bourgeois (wo
runter auch Kunstverständige, Kunsthistoriker und Kunst
beflissene aller Gattungen verstanden werden können)
bis heute mit dem Namen — schön — bezeichnete.
Das Gegenständliche als Vorwurf der Kunst hat **
ihrer Ansicht nach bankerottiert, da es eine moralische
Parteinahme des Künstlers für oder gegen das Objekt
bedingt. Ihrer Meinung nach kann nur eine Kunst
existieren, die fern von jeder psychologischen Inter
pretation, fern von jeder episodischen Weitschweifig
keit, danach trachtet, das Ding an sich oder die Idee des