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La premiere aventure celeste de Mr,
Antipyrine.
Zu derselben Zeit in Auftrag gegeben, aber durch die Dumm
heit des stumpfsinnigsten Druckers von der Welt um zwei
Monate verzögert:
„Die phantastischen Gebete“.
Verse von Richard Huelsenbeck.
Die phantastischen Gebete sind die ersten dadaistischen
Verse in deutscher Sprache. Sie sind in deutscher Sprache
zum erstenmal das, was man in den Kreisen von Apollinaire
und Max Jacob unter vers libre versteht, aber innerhalb
der einzelnen Verse, die durch keine rhythmische oder ge
dankliche Synthesis gebunden sind, bleiben die Worte
sphärische Gebilde für sich, kleine Welten, die ihr eigenes
beben und ihre eigenen Gesetze haben. Zeitungsnotizen /
und Annoncen durchlaufen den Text und sind hier von
demselben Wert wie die fremden Materialien in der Malerei,
sie bedeuten ein direktes Zurückkehren zur Realität und
versinnbildlichen das bruit, das Gekreisch der Bremsen,
das die in die Melodie Versunkenen überfällt und den breiten
Hintern des Bürgers mit Pfeffer versorgt. Die phantasti
schen Gebete beten 'zum erstenmal in deutscher Sprache
die skrupellose Buntheit, sie nehmen das beben wie es ist
als ein wahnwitziges Simultankonzert von Morden, Kultur
schwindel, Erotik und Kalbsbraten, sie zerfetzen die Ethik
und die büge der persönlichen Verantwortlichkeit, sie lösen
das beben in ein Gelächter auf, indem sie den Geist als eine
Verdrängung für schwache Muskeln denunzieren. Die
phantastischen Gebete sind im Jahre 1916 erschienen*) und
heute, vier Jahre später, dem deutschen Publikum, das die
Ehre hat, das' dümmste auf dieser schönen Erde zu sein,
noch vollkommen unbekannt. Sehr bekannt sind dagegen
die gelenkigen und gut geölten Verslitaneien der Herren
Werfel und Hasenclever, die ihr schwaches Talentchen dazu
mißbraucht haben, der immer betrogenen biteraturinter-
essenten-Mensdiheit einen Mitleids- und Sentimentalitäts--
*) 2. erweiterte Auflage im Malik-Verlag, 1920.