Volltext: Briefe eines Toten

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Ohne dieser Herren zielbewusste und klare 
Führung hätte Kreisens ganze Kunst, die ich noch über 
die Messelsche stellen möchte und der nur der Fehler 
anhaftet, dass sie eines langen Weges bedurfte, ehe sie zur 
0Architektur 0 wurde, auf dieses prächtige Betätigungsfeld 
verzichten müssen. Oder sind lange Wege kein Fehler? 
Ist die Art und die Gattung der Wege überhaupt gleich- 
giltig? In der Kunst und im Leben? Die Geschichte 
der Kunst und des Lebens scheinen dafür zu sprechen. 
Ich war aus Mainz des Morgens in Berlin ange 
kommen; mein alter Lehrmeister hatte mir die Besorgung 
eines Hausverkaufs in Berlin gegen entsprechende 
Provision angeboten, und so entschloss ich mich in 
letzter Stunde nach Berlin durchzufahren und das Haus 
dort selber anzusehen; da schrieb ich meinem Vetter 
Dörrfuss, dem Theologen, und Archivar des Schwäbischen 
Schillervereins: ich glaube, dass in meinem Hirn ein 
Kampf sich abspielt auf Tod und Leben, ein Kampf, 
in dem es den Kurzschluss gilt in der Leitung, die vom 
Wahnsinn zur Summa Sanitas führt. 
Es war kein Scherz und keine Einbildung. Die Auf 
regung der letzten Zeit hatte meine Gehirntätigkeit so sehr 
gereizt, dass das Blut mit Gewalt in alle letzten Enden 
vordrang und ich spürte, wie eine Gehirnpartie nach 
der andern solchem Blutangriff ausgesetzt war. Ich 
wusste mit klarer Ueberlegung, dass etwas da vor 
drang, das Wahnsinn sein konnte. Es war das Blut, 
und auf des Schwertes Schneide stand: ob die Schläuche 
halten. Ich war aber noch befangen und vermochte 
psycho-physiologisch nicht zu verbinden, was zusammen 
gehörte und zu trennen, was zu trennen war. Wohl 
bereit, den Tod des Wahnsinns nicht zu scheuen und 
ebensowenig den physischen Tod, kannte ich den 
physiologischen Vorgang noch nicht, den mein Wille 
auslöste, wenn er sich wehrte.
	        
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