in den Abruzzen zurück, wo er selbständig nach der Natur weiterstindierte. Aus
dem Heimatboden erwuchsen ihm Ideen und Kraft zu seinen Schöpfungen. Mit
D’Annunzio und dem Musiker Tosti bildete er jenes abruzzesische Trio, das viel
von sich reden machte. D’Annunzio wurde von Michetti stark beeinflußt, aber
während der Dichter sich Nietzsches Asthetizismus verschrieb, hielt Michetti seiner
Heimat die Treue. Er ist ein Maler von wirkungsvoller Darstellungskraft. Seine
Werke sind vorwiegend naturalistisch. Durch seine dramatische Gestaltungskraft
kommt er dem Romancier Verga nabe.
Biographie: D’Annunzio, in: Convito, 1896; A.-R. Villard, History of modern
Italian art, 1902; T. Sillani: E. P. Michetti, Milano 1932.
21. «PASTORALE». Ol auf Holz, 36,5 X 25 cm.
In seinem großen Bild «I! Voto» hat er uns die kraftvollste Verkörperung des
italienischen malerischen Naturalismus hinterlassen, und in seiner von D’Annunzio
inspirierten «Figlia di Jorio» die Tragödie urtümlicher menschlicher Leidenschaf-
ten. Seine «Pastorella» dagegen, die — wie zur Kontrastwirkung — in der Galerie
in Rom neben seinem «Voto» hängt, ist ein kleines, fast miniaturartiges und
minutiöses Meisterwerk. Michetti bringt in ihr eine andere Seite seines Wesens
zum Ausdruck, nicht das Tragische, Naturalistische, sondern das Melodische und
Bukolische. Dieser Geistesverfassung, derselben Quelle seiner Inspiration, wie sein
Hirtenmädchen, müssen wir auch unser «Pastorale» zuschreiben, das wir schlech-
terdings für ein malerisches Meisterwerk halten. Es ist der «Pastorella» durch
seine freiere Erfindung und durch seine Ilyrische Intensität noch überlegen. Ein
reines Hirtengedicht, das mit erstaunlich summarischen malerischen Mitteln ver-
wirklicht worden ist und jedes Malerauge entzücken muß. Abb. IX.
MORELLI, DOMENICO. Neapel 1826—1901.
Kämpfte 1848 in Neapel auf den Barrikaden. Der größte Meister der neapolı-
tanischen Schule, ein außerordentlich lebendiges Talent mit reichen Ausdrucks-
möglichkeiten. Seine künstlerischen Erfahrungen sind mannigfaltig: er kannte
und studierte die Franzosen und die florentinischen «Macchiaioli», die er be-
einflußte; er studierte auch die überreiche italienische Malerei des 17. und 18. Jahr-
hunderts, setzte sich mit Tiepolo auseinander und vertiefte sich in das Werk der
robusten neapolitanischen Meister des Barock. Als leidenschaftlicher und ideen-
reicher Maler unterrichtete er nach Beendigung seiner Studien während mehr als 30
Jahren an der Akademie und übte so nicht nur als Maler, sondern auch als Lehrer
einen großen Einfluß auf eine ganze Generation aus. Als offener Geist brach er
zwar nie mit der akademischen Tradition, war aber den Erneuerungsbestrebungen
der freischaffenden Künstler seiner engeren Heimat, wie auch auch denjenigen der
Toskaner und der Franzosen zugänglich. Er wirkte als Vermittler zwischen der
anti-akademischen Bewegung und der Akademie. Als Maler von großer Ausdrucks-
fähigkeit und Gefälligkeit und zugleich von überlegenem Können und sehr pro-
duktiv, gelangte er von einer rein akademischen Malperiode über eine historisch-
romantische Phase, deren pathetischer und heroischer Grundton an Delacroix er-
innert, in ein naturalistisches Stadium, das ibn Palizzi nahebringt. Durch seine
Malerei scheint er das Beste der neapolitanischen und venezianischen Tradition in
sich zu vereinen. Hervorragend sind in seinem Werk, über das Episodische und De-
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