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Jahresbericht 1941 der Zürcher Kunstgesellschaft
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Sammlung
Im Sommer und Herbst 1939 hatte die Sammlung vor den beiden großen Ausstellungen
im Rahmen der Schweizerischen Landesausstellung weichen müssen, im Frühjahr 1940 vor
der Bedrohung durch Auswirkungen des Krieges. Wenn in den ersten Monaten des Jahres
1941 ein Sammler wie Oskar Reinhart die Situation wieder so zuversichtlich beurteilte,
daß er die unschätzbaren Bestände seiner Alten Meister und der Franzosen des 19. Jahr-
hunderts dem Zürcher Kunsthaus glaubte anvertrauen zu können, so durfte auch die
Zürcher Kunstgesellschaft ihre Besorgnis überwinden und ihren Besitz wieder ans Licht
stellen. Am 1. März wurden die Säle des ersten Stockwerkes mit Arbeiten ausländischer
Meister des 20. Jahrhunderts aus den Sammlungsbeständen wieder eröffnet. Zu der Samm-
lung Oskar Reinhart im zweiten Stockwerk gesellte sich damit eine Ausstellung, die im an-
nähernd gleichen geographischen Bereich diese, mit allen Vorbehalten mit Bezug auf
Dichte und künstlerisches Gewicht, bis an unsere Zeit heran führte. Als die Sammlung
Oskar Reinhart nach einer Auswirkung von ganz außerordentlicher Breite und Tiefe das
Kunsthaus verlassen hatte, folgten Ende Juni im zweiten Stockwerk die Schweizer Maler
der letzten und unserer Generation. Im November wurde für die Aufnahme der Ausstellung
«Schweizer Bildhauer und Maler 1941» neuerdings alles wieder weggeräumt.
Die Sammlung hatte damit schon im buchstäblichen Sinn ein «bewegtes» Jahr. 1941 ist
ein solches auch in Hinsicht auf ihren Ausbau und die Verwaltung. Trotzdem die Ausgaben
für Ankäufe Fr. 100,000 übersteigen, weist der Sammlungsfonds am Ende des Jahres keine
Schwächung, sondern noch einen Zuwachs von Fr. 11,000 auf. Dies ist möglich geworden
durch eine große Zuwendung, welche die Kunstgesellschaft ihrem früheren Präsidenten
Herrn Dr. Adolf Jöhr verdankt. Er hatte dem Verwaltungsrat der Bank für Orientalische
Eisenbahnen bei deren Liquidation im Jahre 1934 beantragt, daß der Wert bis zum Ver-
falltermin nicht eingelöster Prioritäts- und Stammaktien des Institutes dem Sammlungs-
fonds des Kunsthauses überwiesen werde. Das Ergebnis dieses Beschlusses ist die Zuwen-
dung von Fr. 74,000. Die Summe ist dem Sammlungsfonds einverleibt worden mit der
Bestimmung, daß ihre Verwendung für Ankäufe mit dem jeweiligen Einverständnis von
Herrn Dr. Jöhr und vornehmlich für Werke schweizerischer Künstler erfolge, und hat
schon im Berichtsjahr für zwei so bedeutende Erwerbungen wie die große Mädchenfigur
von Hermann Haller und das Lycidas-Bild von Johann Heinrich Füssli beansprucht werden
können. Für andere willkommene Schenkungen und wertvolle Leihgaben ist die Samm-
lung der Stadt und dem Kanton Zürich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Gott-
fried Keller-Stiftung, der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde und allen den Personen ver-
pflichtet, die im nachfolgenden Zuwachsverzeichnis einzeln erwähnt sind. Bei den Werken,
wo ein derartiger Hinweis fehlt. handelt es sich um Ankäufe des Kunsthauses.
Hermann Haller,
Eduard Bick,
Skulpturen
Mädchentorso, Bronze. Leihgabe der Schweizerischen Eid-
genossenschaft
Selbstbildnis 1941, Terrakotta. Leihgabe der Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde
Stehendes Mädchen mit erhobenen Armen, Bronze