Jahresbericht 1949 der Zürcher Kunstgesellschaft
Sammlung
Bis Ende April beanspruchte die lombardische Ausstellung alle Sammlungsräume, über
den Sommer bis in den Spätherbst hinein die Ausstellungen Bonnard und «Junge Zürcher
Künstler» noch das erste Stockwerk außer der Galerie gegen den Garten. So mußten die
Sammlungsbestände für einen großen Teil des Jahres vollständig und nachher immer noch
in überwiegender Mehrzahl unsichtbar bleiben.
Im Juni wurden die nun wieder verwendbaren Oberlichtsäle des zweiten Stockwerks
einem bisher seltener gezeigten Teil der Sammlung, den schweizerischen und ausländischen
Tafelbildern des 15. und 16. Jahrhunderts, in neuer Auswahl und Zusammenstellung dienst-
bar gemacht; ihnen beigegeben Holz- und Metallschnitte aus der gleichen Epoche und eine
Darbietung der annähernd ganzen Skulpturen-Sammlung, mit Arbeiten in Holz, Stein,
Metall, vom 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart mit Einschluß der Schenkung Madame
de Mandrot.
Im Spätherbst konnte auch die Einrichtung der Räume im ersten Stockwerk wieder
erfolgen mit Werken schweizerischer Maler von der zweiten Hälfte des 19. bis ins 20. Jahr-
hundert hinein. An den starken Dreiklang Koller, Böcklin, Hodler schlossen sich kleinere
Werkgruppen von Anker, Buchser, Baud-Bovy, Stauffer, Stückelberg, Zünd, Welti.
Beim Ausbau der Sammlung durch Ankäufe lag das Gewicht für einmal wieder auf
der Skulptur. Nach der Erwerbung eines steinernen Kapitells des 12. Jahrhunderts mit der
Darstellung des Sündenfalls wurde beschlossen, mit Verwendung der Subvention der Stadt
Zürich die Bronzen «Orpheus» von Rodin und «Masque» von Bourdelle zu erwerben, die
einstweilen als Leihgaben dem großen Skulpturensaal der Sammlung hatten eingefügt wer-
den können. Von Rodin wurde außerdem das kühne Fragment der «Iris» erworben.
Die zürcherische kantonale Regierung fügte dazu als Leihgabe eine weitere kostbare
Bronze von Rodin, die überlebensgroße Aktfigur «Mann mit geballten Fäusten», eine Studie
zu dem schlüsseltragenden Jean d’Aire der sechs Bürger von Calais.
Schließlich gelang es, zum Einbau am künftigen erweiterten Kunsthaus noch die jedem
Zürcher vertraute «Porte de l’Enfer> zu sichern, wie sie einstweilen vor dem Kunsthaus am
Heimplatz aufgestellt ist. Angekauft wurden außer den erwähnten Skulpturen
die Gemälde:
Ernst Georg Rüegg «Die ferne Burg», Georges Rouault «Au fil de l’eau Ile de
France», Marc Chagall «Metzger», Max Liebermann «Bildnis Lola Leder», Paula
Modersohn-Becker «Kopf eines Mädchens»;
die Zeichnungen:
Rene Auberjonois «Sterbendes Mädchen», Anna Waser «Abt Augustin zu Sankt
Blasien» (im Tausch gegen Dubletten aus der Graphischen Sammlung) ;
an Druckgraphik:
2 Federlithographien «Reiterszenen» von Conrad Geßner, 3 Aquatintablätter
aus «Miserere et Guerre» und eine Lithographie «Automne» von Georges