AUSSTELLUNGEN
Auch im verflossenen Jahr hielt der Ausstellungsbetrieb den
Rahmen des nunmehr bereits Gewohnten inne, das heißt, er war
wieder sehr lebhaft und ausgedehnt. Trotz der wachsenden inter-
nationalen Ausleihmüdigkeit, trotz jeweils unüberwindlich schei-
nenden Hindernissen fanden erfreulicherweise mehrere große
Vorhaben glückliche Verwirklichung. Zuerst muß dabei die Aus-
stellung «Kunst und Leben der Etrusker» genannt werden, Sie
setzte ein Bestreben fort, das mit den «Prähistorischen Bronzen
aus Sardinien» und der «Römischen Porträt-Plastik» begonnen
worden war und das dem Publikum gleichsam wesentliche
Aspekte frühen abendländischen künstlerischen Schaffens nahe-
bringen will. Auf Initiative des Kunsthauses geplant, bildete die
Ausstellung zunächst durchaus ein großes, ein risikohaftes Wag-
nis; zum ersten Mal gelangte etruskisches Kunstgut im Ausland
zur Präsentierung. Wie würde die Reaktion ausfallen? Der Erfolg
übertraf indessen alle Erwartungen; der Andrang mußte, wie
damals bei den Holländern, reguliert werden: rund 140 000
Besucher betraten in knapp drei Monaten die Ausstellung. Das
Phänomen erklärt sich so, daß diese Schau nicht nur auf die
Anstrengungen der Archäologen, der Wissenschaft antwortete;
vielmehr gründet die Faszination tiefer: dem Etruskischen eignen
schöpferische Impulse, denen gegenüber die Moderne sich geheim-
nisvoll anfällig weiß — ein Blick auf Marino Marini genügt in
diesem Zusammenhang. Ueberhaupt begegnete, wer aufmerksam
durch die Ausstellung wanderte, auf Schritt und Tritt Formen,
die das Abendländische, zumal in seiner mittelalterlichen Bre-
chung, zu präfigurieren scheinen; in der Tat ist das Etruskische
ja eines der wichtigsten Substrate, auf welchen römisches Wesen,
nach geschichtsmächtiger Anverwandlung, aufruht, und insofern
eben die gesamte Nachantike. So war es denn nicht weiter ver-
wunderlich, daß die Ausstellung nachträglich von überall her
angefordert wurde und sozusagen einen Triumphzug durch halb
Europa antrat mit Etappen in Mailand, Paris, Den Haag, Oslo.