Volltext: Jahresbericht 1957 (1957)

auf in den «Fenetres simultaneges»-Gemälden zum Kreuzpunkt 
seiner Entwicklung: der Konflikt, die Spannung zwischen 
imitativen, abbildenden Elementen einerseits, eigengesetzlich 
«abstrakten», konstruktiven Elementen anderseits verschwin- 
det. Bildfläche und Bildraum setzen sich zusammen aus einem 
vibrierenden, schachbrettartigen Muster von OQuadraten, 
Rechtecken, Dreiecken aus lichthaltigen reinen F arben, die 
nur noch von ganz fern her an Dächer, Häuser, Mauern und 
Fenster erinnern. Die führende Stimme aber gehört nicht geo- 
metrisch starren Flächenformen, nicht einem linearen Gerüst- 
system; den bildnerischen und darstellerischen Vorrang haben 
die Farbe und das Licht, die in rhythmischer Freiheit sich aus- 
falten in die Bestandteile des Spektrums von Rot über Gelb, 
Grün, Blau zu Violett und sich wieder zusammenfinden zu 
mannigfacher Ueberlagerung. Diesem sublimen, schwebend 
transparenten Spiel eignet ein verwunschen legendärer, magi- 
scher Ton — es ist jener Klang, den Apollinaire den orphi- 
schen nannte, jener Klang auch, der auf Paul Klee und die 
Maler des «Blauen Reiters» den stärksten Eindruck machte 
und sie in die Geheimnisse der Farbe einweihen sollte. Kein 
Geringerer als Klee hat ja auch Delaunays Aufsatz über das 
Licht ins Deutsche übersetzt und ihn 1912 im «Sturm» ver- 
öffentlicht. 
Mit den «Fenetres simultaneges» und ähnlichen, damals 
entstandenen Werken schuf Delaunay das «abstrakte», das von 
der Darstellung eines im engeren Sinne imitativen, natur- 
gegebenen Vorwurfes abgelöste «ungegenständliche» Bild. Er 
tut das fast genau zur selben Zeit, als auch Kandinsky, Male- 
vitch und Mondrian, jeder auf Grund von sehr verschiedenen 
Prämissen, die ungegenständliche Malerei ins Leben riefen. 
Erst auf dem derweise errichteten Fundament des «orphi- 
schen Kubismus» war es Delaunay möglich, in letzter Konse- 
quenz zur «peinture pure» zu gelangen als «reiner Orchestrie- 
rung von Farbe und Licht». Das ist der Fall mit der Reihe 
der «Rythmes circulaires» und «Disques simultanes», zu der 
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