Volltext: Jahresbericht 1960 (1960)

weniger von den Umrissen als von den Mitten seiner Bestand- 
teile her erfaßt, und dieses gestalterische Prinzip, das über 
Cezanne auf Delacroix zurückweist («prendre par les 
milieux»), bedeutet, den Körper als Einheit von verschieden 
bewegten Massenkomplexen zu interpretieren, wobei starke 
plastische Kräfte freigesetzt werden. 
Im «Rückenakt» II haben klobige, kubische Elemente den 
Vorrang; dort, wo sie sich begegnen, entstehen harte, kantige 
Begrenzungen und tiefe Runsen und Schründe, die dem 
Spiel von Licht und Schatten Wirkungsmöglichkeiten geben 
und die den expressiven Charakter der Figur ausmachen. 
Der «Rückenakt» III bringt demgegenüber eine Wandlung 
im Sinn statuarischer Verfestigung: wichtig ist hier das 
gegenständlich als Haarzopf zu erklärende neue Motiv, das 
als mächtiger Vertikalakzent die Figur auf den Reliefgrund 
bezieht und in ihm verspannt. Diese Tendenz zur «Tekto- 
nisierung>» gipfelt schließlich im «Rückenakt» IV, der nun 
eine röhrenartig glatte, vereinfachte, gestillte Oberfläche be- 
sitzt: der weibliche Akt ist nur noch Substrat, Vorwand zur 
Gestaltung einer bedeutsamen Form voll stereometrisch ver- 
einfachten Gepräges, die sich als autonom künstlerischer Wert 
vorträgt. 
Fragt man sich, ob die «Rückenakte» I—IV typische Züge 
einer «Malerplastik» aufweisen, so wird man diese Frage be- 
jahen müssen. Die Verbindung Malerei-Plastik äußert sich bei 
Matisse in verschiedener Art. Zunächst gegenständlich darin, 
daß Matisse oft seine Plastiken als Motiv in seine Gemälde 
aufnimmt oder daß er denselben Vorwurf sowohl im Bild wie 
in der Plastik darstellt; am nachdrücklichsten hat er das getan 
mit dem «Liegenden Frauenakt» von 1907 und der gleich- 
zeitigen Komposition «Le nu bleus.? Auch einer der «Rücken- 
3 Das plastische Werk Nr. 28. «Le nu bleu»: Baltimore, Museum of Art, vgl. 
Alfred H. Barr, Jr., Matisse, His Art and His Public, New York 1951, 
Abb. S. 336. 
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