die Variante der «bösen Mütter» gilt. Auch diese Komposition zeigt in
ihrer zweiten Fassung kompositionelle Veränderungen, wie etwa das Hin-
zufügen von zwei in wehende Schleier gehüllten Frauen am rechten Bild-
rand, die im Wiener Bild fehlen. Die Atmosphäre ist wiederum düsterer
und geheimnisvoller geworden — auch hier findet sich kein tröstliches
Abendlicht mehr auf golden glänzenden Schneebergen! Die bereits be-
schriebene Technik kommt diesen veränderten Intentionen in einzigartiger
Weise entgegen, erlaubt sie doch konsequenter als die strichelnde Pinsel-
führung zeichnerische Partien wie die kahlen Bäume und deren Schatten
präzis. niederzuschreiben und andrerseits das Schimmernde des kühlen
Lichts und der nur angedeuteten Nebelschwaden in ihrer Mehrschichtig-
keit anzudeuten. Auf diese Weise ergibt sich ein Ganzes, klirrend gläsern,
transluzid und verschwommen zugleich!
Obwohl in den symbolistischen Kompositionen der Zeitgeist deutlich zu
erkennen ist, wirken sie doch gerade in ihrer malerischen Gestaltung zu-
kunftweisend. Nicht zu Unrecht wurde bereits wiederholt auf den jungen
Paul Klee hingewiesen, dessen .Radierung «Jungfrau im Baum%*»
direkt auf «Die bösen Mütter» zurückzugehen scheint. Es ließen sich
aber auch Parallelen ziehen zum expressiven Zeichenstil eines Schiele
oder Kubin. Segantini erweist sich mit den symbolhaften Bildern als der-
selbe außerordentliche Künstler wie in seinen populäreren Schilderungen
der Alpenwelt, in deren Schatten die weniger zugänglichen Kompositio-
nen oftmals etwas vergessen wurden.
Felix Vallotton ist in der Sammlung des Kunsthauses sehr repräsentativ
vertreten. Seine frühen Interieurszenen, die in sarkastischer Tonart die
Bourgeoisie der Jahrhundertwende apostrophieren, sind so gültig vertreten
wie seine späteren Aktbilder und Landschaften. Um jedoch sämtliche
Schaffenszweige des Künstlers zeigen zu können, fehlte eine Mehrfiguren-
komposition oder eine der selteneren mythologischen Darstellungen aus
der mittleren Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Bedeutung dieser Werk-