Volltext: Jahresbericht 1968 (1968)

fängen zurück. Er nimmt wieder den einfachen — letztlich byzantinischen — 
Urtypus auf, der im Anschluß an die traditionellen Evangelistenbilder den 
Maler für sich an der Arbeit zeigt, gelegentlich in der Reduktion auf die 
Halbfigur, so zum Beispiel in der Eremitanikirche Padua, 1448/50, jeden- 
falls ohne die Madonna als Modell oder als himmlische Erscheinung, auch 
ohne das vollendete Madonnenbild als Attribut des Malers. So läßt Petrini 
am Ende der Geschichte des Lukasbildes moderne Gedanken zum Künst- 
lertum in die älteste Prägung einfließen, das Bild des heiligen Malers mit 
dem Atelierbild verbindend. 
Die direkte Ansprechung des Betrachters in dem Zürcher Bilde könnte 
vermuten lassen, es handle sich um ein Selbstbildnis des Malers. Indessen 
entspricht der Kopf des kahl gewordenen Fünfzigers mit silberflammigem 
Haar, buckliger Stirn und Kuppelschädel und gütigen, kontemplativen 
Augen einem festen, wiederholt auftretenden Typus in Petrinis (Euvre. 
Zudem zeigt der Wiener Porträtstich eines «Toseph Pietrini» andere Züge. 
Auch ist die Gewandung in der Zürcher Version ideal, keine Werktracht 
also, sondern die zeitlose Kleidung des Evangelisten, wie sie sich in Petrinis 
zahlreichen Heiligen-Brustbildern immer wieder findet. 
Trotz geringem Ambiente ist die Darstellung auch als Werkstattbild nicht 
ganz unergiebig. Palette und Pinsel entsprechen dem im Spätbarock ge- 
bräuchlichen Gerät. Im besondern ist das Oval als Bildformat eine Sette- 
cento- Vorliebe; Petrini selbst wählt es mehrmals für eigene Gemälde. Da 
das Madonnenbildchen unvollendet ist, gewährt es Einblick in den Schaf- 
fensprozeß. Der Bildträger ist mit Bolus rotbraun grundiert, dem in Ober- 
italien beliebten, malerisch harmonisierenden Verfahren entsprechend. 
Die Pinselarbeit geht vom Dunkeln ins Helle, vom Bolus zur Farbe, in 
akzentsicherer Entwicklung. Erst die Madonna mit dem Kinde ist ent- 
schieden angelegt, mit hellschimmernden offenen Pinselstrichen, die dem 
Bildchen eine andere, lichtere Realität verleihen, während der Maler 
noch tüchtig am Gewölk zu arbeiten haben wird.
	        
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