Volltext: Jahresbericht 1968 (1968)

schüler bei Gustave Moreau, Matisse und Marquet. Im gleichen Jahr dürfte 
das in der für Rouault typischen Mischtechnik ausgeführte Blatt «Tete 
de Clown tragique » entstanden sein — eine der schönsten Fassungen dieses 
im Gesamtoeeuvre hervorragenden Themas. Die Entwicklung, die sich mit 
diesem und ähnlichen Werken von 1902 bis 1905 anbahnt, mag auf den 
ersten Blick nur schwer mit Rouaults Herkunft aus dem symbolistischen 
Milieu Moreaus in Beziehung gebracht werden. Der Künstler selbst hat 
tatsächlich von einem plötzlichen Wandel gesprochen — doch läßt sich mit 
seinen eigenen Worten nachweisen, was er von seinem Lehrer profitiert hat 
wenn er schreibt: «Moreau lehrte uns, kein Bild mit einer vorgefaßten 
Methode zu beginnen; wir sollten uns der inneren Schau überlassen. Er 
weckte in uns den Sinn für heroisches Menschtum, für eine höhere Wirk- 
lichkeit! »; und an anderer Stelle: «Er war ein unbefriedigter Mensch. 
Die jungen Leute befeuerte er, doch ihm selbst fehlte die schöpferische 
Unmittelbarkeit, daher sein Hang zum Verzieren?. » Rouaults «schöpfe- 
rische Unmittelbarkeit» ermöglichte ihm, das Böse, Morbide, das bei 
Moreau der düsterprunkenden Arabeske verhaftet bleibt, zu beißender 
Eindringlichkeit zu gestalten. Die verhalten glühenden Farben, die hinter 
erdhaft dumpfen und dunklen Tönen hervorblitzen, mögen an Moreau 
erinnern; die beinahe manisch bewegte Pinselschrift, die jeder dekorati- 
ven Formgebung abholde schwarze Vergitterung der Werke von 1905 
verraten jedoch einen Künstler, der um seine Vision ringt, verraten innere 
Anteilnahme des Künstlers gegenüber seinem Modell — es fehlt der distan- 
zierend beobachtende Spott, den Daumier und Toulouse-Lautrec, mit 
denen zusammen Rouault des öfteren genannt wird, vor ähnlichen The- 
mata bewahren. 
Es muß allerdings in diesem Zusammenhang ein anderer Name genannt 
werden, der Rouaults Weltbild in jenen Jahren entscheidend beeinflußte: 
Leon Bloy, der von Jacques Maritain in einem Interview mit folgenden 
Worten charakterisiert wurde: «Er wollte die Stimme derer sein, welche 
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