Volltext: Jahresbericht 1971 (1971)

sprung in expressiv inhaltlichen Akzentuierungen liegt und die Picasso 
in den späteren zwanziger Jahren, das heißt in seiner Auseinandersetzung 
mit dem Surrealismus, so weit gesteigert hat, daß das zugrundeliegende 
Naturvorbild oft kaum mehr zu erkennen ist. Diese beiden Grundströ- 
mungen, Kubismus und expressive Deformation, bestimmen zusammen 
mit einem immer wieder durchbrechenden Klassizismus in wechselndem 
Ausmaß Picassos gesamtes späteres Werk. 
«Femme au chapeau» ist von sehr zarter Farbigkeit, beinahe eine Gri- 
saille; die vielfach abgestufte Grauskala läßt nur im untern Bildteil ein 
schüchternes Lindengrün einen zarten Kontrast andeuten. Auch diese 
farbige Beschränkung läßt sich in Picassos Werk wiederholt beobachten. 
Als reine Grisaillen hat Picasso einige seiner berühmtesten Bilder ge- 
staltet: «Guernica» zu Beginn, «Le charnier» am Ende des Zweiten 
Weltkrieges, 1957 die größte und einzige den ganzen kompositionellen 
Aufbau des Vorbildes übernehmende Fassung der «Meninas». 
Alle diese Bemerkungen, die anzudeuten versuchen, wie zentral die in 
«Femme au chapeau» behandelten Probleme inhaltlicher, formaler und 
farbiger Natur in Picassos Lebenswerk sind, sollen jedoch nicht den Blick 
vom Besonderen dieses Bildes ablenken. Picasso selbst kümmert sich wenig 
um Entwicklung in seiner Kunst; jedes Bild zeugt für ihn in seiner un- 
verwechselbaren Einmaligkeit von seinen jeweiligen Gedanken und In- 
tentionen. 
Felix Andreas Baumann
	        
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