Sehen und doch nicht nach außen sehen. Auch die «Spiegelscheibe » wirft
nicht das Bild der Figur zurück. Sie: erlaubt Durchsicht, trennt, isoliert
aber doch: — eine. gläserne Wand. Verwandte dieser Sitzfigur ließen sich
am ehesten in östlichen Kulturen finden, doch sind kaum direkte Anspie-
lungen auf kniende ägyptische Figuren oder auf östliche Heilige gewollt,
die in der Regel wie Buddha mit untergeschlagenen Beinen sitzen. Die an
die öden Wüstenlandschaften Tanguys oder Dalis erinnernde, in die Tiefe
schießende. Bodenfläche läßt an den vordern Orient denken. Bedeutet das
pyramidenförmige Gestein Ägypten? Auch die Attribute, der Sitzfigur
geben keine präzisen Aufschlüsse. Rosenkränze und Gebetsschnüre läßt
der in Andacht, in Meditation Versunkene durch die Finger gleiten. Der
Faden kann Symbol für das Leben sein, für den Gegensatz von unend-
licher und bemessener Zeit.
Auf festerem Grund fühlen wir uns beim Ei. Es ist in ‚vielen Kulturen
Lebens- und Fruchtbarkeitssymbol, Sinnbild der Auferstehung. Uns liegt
das österliche Ei mit seiner altnordischen Vergangenheit nahe. Es ist
Attribut der Ostera, der alten Frühjahrsgöttin. Viele Schöpfungsmythen
lassen die Welt aus dem Ei, dem Weltei, entstehen. Eine wichtige Rolle
spielt in der Alchemie das «Ei des Philosophen». Es ist das vom Artifex
gefaßte Chaos, die «prima materia». Die Alchemie bedient sich des ei-
förmigen Gefäßes. Der Philosoph verspürt in der Vision eine «Bruthitze »,
seine Meditation erscheint als eine «Selbstbebrütung». Das entspricht;
wie C. G. Jung bemerkt hat; der Vorstellung des «Tapas» im indischen
Yoga, ebenfalls einer Selbstbebrütung. Zweck ist stets die Wandlung und
Auferstehung. — Rätselvoll bleibt die intensiv blaue Einfärbung der Fuß-
sohlen. Üblicherweise jedem Blick entzogen, ist die Fußsohle wie die
Handfläche etwas sehr Privates, Persönliches. Auch beim buddhistischen
Sitzen mit verschränkten Beinen sind die Fußsohlen sichtbar nach oben
gewendet. Zu denken ist auch an kultische Einfärbungen einzelner Kör-
perteile bei primitiven Völkern.