Volltext: Jahresbericht 1971 (1971)

Gipsabgüssen von lebendigen Menschen arbeitet, die er mit Gegenständen 
oder Szenerien der heutigen Welt kombiniert. Die Tatsache, daß seine 
Ausstellung und die von Kienholz im gleichen Jahr gezeigt wurden, hatte 
vielleicht den Nachteil, daß viele Betrachter nur die gemeinsame Äußer- 
lichkeit verwandter Mittel sahen. Der Vorteil war aber eine Konfrontation 
zweier zeitgenössischer Künstler, die denkbar verschieden sind; denn 
während Kienholz menschliche Zustände kritisch visiert, ist der Mensch, 
der Jedermann von heute, das Thema, um das Segals Schaffen kreist. 
Während der eine aus unzähligen Einzelheiten ein halluzinatorisches Bild 
aufbaut, beschränkt der andere, den man in gewissem Sinne einen Klas- 
siker nennen könnte, sich darauf, mit sparsamen Mitteln Situationen des 
Menschen im konzentrierten Bild zu geben. Kein Zufall, daß er darauf 
verzichtet, das abstrakte Weiß seiner Gestalten durch Farbe aufzuhöhen. 
Von dem Gesagten her ist es zu verstehen, daß zwar auch die Segal-Aus- 
stellung sehr stark besucht war, aber nicht in dem Maße wie die der 
reichen farbigen Bilder von Kienholz. In eine andere Welt führte die 
Ausstellung eines dritten amerikanischen Künstlers, des leider 1971 68- 
jährig verstorbenen Mark Rothko. Man hat seine Werke Meditationsbilder 
genannt; und in der Tat geht von diesen gleichsam schwebenden, Räume 
erschließenden, einfach geordneten großen Farbflächen eine stille Kraft 
aus, die den aufmerksamen Besucher zur Betrachtung festhält. Die Aus- 
stellung wurde in relativ geschlossenen Räumen sehr locker gehängt, so 
daß die Bilder voll zur Wirkung kamen. Der Besuch der Ausstellung 
war dem Thema entsprechend nicht außerordentlich, doch scheint es, 
daß die Rothko-Ausstellung zu den Veranstaltungen gehört, die eine 
nachhaltige Wirkung ausüben und an die sich die Besucher später noch 
erinnern. 
Beschäftigten sich die drei besprochenen Ausstellungen mit künstleri- 
schen Erscheinungen und Problemen der Gegenwart, so kam die alte 
Kunst in der Schau der Kunstschätze aus Dresden zu ihrem vollen Recht,
	        
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