Volltext: Jahresbericht 1976 (1976)

Bildkomposition, die Füssli vorher in einem ge- 
schichtlichen Zusammenhang aufgegriffen hatte. 
Edward J. Sullivan 
New York University 
Institute of Fine Arts 
Übersetzt von Margrit Moser 
ANMERKUNGEN 
' Dieses Gemälde ist katalogisiert als Nummer 1236 in der 
vollständigsten Arbeit über den Künstler: Gert Schiff, 
Johann-Heinrich Füssli, 1741—1825 (2 Bände), Zürich, 
1973 (nachfolgend abgekürzt als « Schiff»). Öl auf Lein- 
wand, Masse: 0,91 x 0,71. 
2 Schiff 908. Öl auf Leinwand, Masse: 0,653x 0,515. 
3 Schiff 1306. Dieser Stich befindet sich auf dem Titelblatt 
des 3. Bandes von Sharpes British Theatre, London, 1804 
‘ Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel von einer Motiv- 
entlehnung Füsslis bei Blake kommt vor in «Titania findet 
am Strand den Zauberring» (Schiff 1226), einer Kompo- 
sition Füsslis aus den Jahren 1804-1805. Er illustrierte 
damit Wielands Oberon. Das Motiv entstammt einer andern 
von Blakes Zeichnungen für Youngs Night Thoughts. 
> Am 20. Oktober 1791 schrieb Füssli William Roscoe, 
einem seiner Gönner für den Plan der « Milton-Galerie». 
einen Brief, in dem er einige seiner Kompositionen als 
«philosophical ideas made intuitive, or sentiments 
Jersonified» beschreibt (vgl. Schiff I. 139 und 661 
Anmerkung 13). 
> Zitiert bei Schiff, « Biographische Dokumentation», 
Johann-Heinrich Füssli (Ausstellungskatalog), Ham- 
burger Kunsthalle, 1974, 32. 
7 Schiff, « Fuseli, Lucifer and the Medusa», Henry Fuseli 
(Ausstellungskatalog), London, Tate Gallery, 1975, 10. 
3 Werner Hofmann bespricht in seinem Essay «A Captive» 
(Henry Fuseli, London, 1975, 31 ff.) eine anatomische 
Zeichnungstechnik, mit der sich Füssli beschäftigte: 
«He and the sculptor Thomas Banks devised an artistic 
exercise, the object of which was to sketch figures round 
a series of five arbitrarily placed points indicating the 
position of head, hands and feet... . the resulting figures 
naturally assumed poses involving difficult anatomical 
oroblems especially as regards foreshortening.» Die 
Figur, die schliesslich im Gemälde «Das Schweigen» 
arschien, mag, obwohl sie ihren Ursprung bei Blake hat, 
Füssli gerade wegen ihrer anatomischen Verflechtung 
angezogen haben. Er machte dies in seinen Darstellungen 
der Figur sogar noch offensichtlicher. 
3 The Complaint oder Night Thoughts on Life, Death and 
Immortality von Edward Young (1683-1765), eine 
Sammlung von Gedichten in melancholischer Stimmung, 
wurde 1742 zum erstenmal veröffentlicht, gefolgt von 
Ergänzungen, die 1745 erschienen. Sie war besonders 
auf dem Kontinent ein gewaltiger Erfolg. 
Füssli schrieb auch eine Ankündigung für Blakes illustrierte 
Ausgabe der Night Thoughts: «. .. the bold and masterly 
axecution of this artist cannot be unnoticed or unadmired.» 
Zitiert in Eudo C. Mason, 7he Mind of Henry Fusely, 
London, 1951, 287. 
In einem Brief an Roscoe vom 25. Juni 1800 beschrieb 
-üssli sein Gemälde « Melancholie» (vgl. Abb. 3) — wo 
diese kauernde Frauengestalt zum erstenmal in Füsslis 
Euvre erscheint — als «a figure illuminated by a moonbeam 
from a cupola light, seated on a throne with attendant 
Jenii, something in the manner of the sibyls of M. Angelo» 
“zitiert in Schiff, I, 575). Dies ist nicht der einzige Fall, wo 
Füssli in der Art von «M. Angelo» arbeitete. Am Ende 
seiner Rom-Periode (1777-1778) hegte er den Plan, zu 
Ehren von Shakespeare einen Raum mit Fresken zu 
dekorieren, der im Entwurf der Decke der Sixtinischen 
Kapelle gleichen sollte. Dieses Vorhaben wurde nicht 
‚ealisiert, und nur vier Zeichnungen von Bogenfeldern 
sind erhalten (Schiff Nr. 475, 476, 477, 478). 
Was Blakes Inspiration durch Michelangelo betrifft, vgl. 
Anthony Blunt, 7he Art of William Blake, New York, 1959, 
35 und Tafel 30. 
Füssli und Blake wurden beide durch Reproduktionen von 
hinduistischer und anderer orientalischer Kunst inspiriert. 
Die Figur von Lady Constance wurde später im gleichen 
Gemälde « Melancholie» für die « Milton-Galerie» 
(Personifikation der Angst) verwendet, wo die Figur 
«Das Schweigen» entstanden ist. 
4 Schiff, « Fuseli, Lucifer and the Medusa», 16 ff. 
5 Hofmann, «A Captive», 36. 
6 Hofmann, «A Captive», 37. 
7 Für Darstellungen von « Schweigen» bei Michelangelo, 
Sebastiano del Piombo und anderen vgl. Charles de Tolnay, 
Michelangelo, V, Princeton, 1960, 65 ff. 
Für Besprechungen der Ikonographie von «Schweigen» 
vgl. Karla Langedijk, «Silentium», Neder/ands Kunst- 
historisch Jaarboek, 15, 1964, 3-18, und Enriqueta 
Harris Frankfort, «El Greco’s ‘Holy Family with the 
Sleeping Child and the Infant Baptist‘: an Image of Silence 
and Mystery», Hortus /maginum, Essays in Western Art, 
Lawrence (Kansas), 1974, 103-111 betreffend zwei 
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