klassizistischen Gartenmonumenten —- Konkretisationen
zultischer Handlungen oder zwischen Mikro- und Makro-
Kosmos vermittelnder religiösen Vorstellungen. Rotalla
(Abb. 19) steht solchen am nächsten: zwei Scheiben stei-
gen übereinander auf, die vordere halb in die Ebene
gebrochen wie der Reflex des aus dem Meer aufsteigenden
Gestirns, das sich so in seinem Erscheinen dem Betrach-
ter öffnet. Körperlos und streng frontal auf die eine axiale
Ansicht beschränkt, bleibt es ihm ähnlich unfassbar
und wie eine romanische Madonna mit thronendem
Christuskind entrückt.
Eine solche Beschreibung führt vom Aufzeigen kunst-
historischer Zusammenhänge zu formalen oder «phäno-
menologischen» Bestimmungen dieser Dinge als Skulptu-
ren — ein anderes weites Feld, das überdies für jedes Werk
einzeln zu beackern wäre. Was etwa soeben über die Ein-
ansichtigkeit von Rotalla bemerkt wurde, gilt sonst nicht;
ebensowenig lässt sich der Bezug zum Raum verallgemei-
nern. Auch die Plastizität prägt sich unterschiedlich aus,
doch ergeben sich aus den brüchigen Materialien und der
Art, wie sie durch die weisse Tünche neutralisiert und
zugleich fühlbar gemacht werden, Gemeinsamkeiten:
weder das muskulös Gespannte oder organisch Schwel-
lende noch das lastend Massige oder ein nur formdefinie-
rendes Leeres charakterisieren diese Skulpturen; vielmehr
»jgnet ihnen ein Fragiles, Zeichenhaftes, Erscheinendes,
der Schwere dumpfer Stofflichkeit Enthobenes.
Als weitere allgemeine Bestimmung gilt es, die prinzi-
pielle Einheit und Geschlossenheit dieser Werke gerade
wegen ihrer vergänglichkeitsbedrohten Brüchigkeit und
dem stets fühlbaren geschichtlichen Gewordensein zu
betonen. Jedes einzelne ist ein Monument, nicht nach sei-
ner Grösse oder unverrückbaren Schwere, aber nach sei-
ner Zeichenhaftigkeit und geistigen Energie. Aus dieser
Ganzheitlichkeit folgt die durchgehende Definiertheit der
einzelnen Teile im Hinblick auf das Ganze: nur auf ihren
Verhältnissen untereinander und insgesamt beruhen ihre
Bedeutsamkeiten. Dass entsprechend alle Elemente not-
wendig dazugehörig sind und mitbedacht werden müs-
sen, zeigt sich besonders deutlich an den untersten, als
Sockel wirkenden Teilen.
Die Problematisierung des Sockels gehört zu den wich-
gen Fragen der modernen Skulptur: besonders Giaco-
metti hat hier wichtige Lösungen entwickelt. Der Ver-
gleich von Vide poche — einem sog. «objet sans base» - mit
Rotalla zeigt die Integration des Sockels in die Skulptur
und zugleich, dass Twombly an der fiktiven Objekthaf-
tigkeit des Surrealismus nicht mehr interessiert ist. Wich-
tiger scheinen für ihn die zwar kleinen, aber im Verhältnis
zu den winzigen Figürchen übermächtigen, häufig abge-
treppten Quader, die in den Skulpturen um 1940/1945
den Eindruck einer grossen Ferne der erscheinenden Per-
son vermitteln sollen. Eine ähnliche Umkehrung in der
Gewichtung von Sockel und Gesockeltem zeigt u.a. die
«Brettchen»-Skulptur von 1978 (Abb. 23) und demon-
striert die völlige Integration des Sockels als gleichwertigen
Teils ins Werkganze, Spätere Arbeiten Giacomettis entfal-
ten die räumliche Funktion der Standplatte als Ort der
aufragenden oder schreitenden Figuren; Twombly ver-
fährt bei seinen «Schiff»-Plastiken (Abb. 17, 22) ähnlich.
Wie schon beim Palais quatre heure le matin von 1932, der
ihn früh beeindruckte, wird die tragende Ebene durch
eine Schattenzone vom nicht mehr zugehörigen
Museumssockel abgehoben; in sie taucht das Ruder von
By the Ionıan Sea (Abb. 17).
Zum Abschluss unserer Bemerkungen kehren wir wie-
der zur Betrachtung der Skulpturen im Werkganzen
zurück. Denn sie bleiben die Arbeiten eines Maler-Plasti-
kers, wie sie in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts
so wichtig wurden; für sie ist die bemerkte geringe Gene-
ralisierungsfähigkeit primärer skulpturaler Eigenschaften
- Raumbezug, Plastizität, Ansichtigkeit usw. - typisch: sie
sind nicht Spezialisten dieser Gattung und legen keinen
Wert auf die vollständige Durchdringung ihrer Probleme
oder auch nur ihrer implizierten handwerklichen Fähig-
keiten; vielmehr experimentieren sie in einem ver-
wandten Feld mit Fragestellungen, die aus ihrem eigenen
kommen, um dieses besser zu verstehen. Die unterschied-
lichen Bedingungen führen zu interessanten Verschie-
bungen im Verhältnis der gleichen Kunstmittel; so haben
wir die Inversion in den Funktionen der Zeichen und Far-
ben bei den beiden Gattungen bemerkt. Ähnliches gilt für
die Zeitstruktur: während die Gemälde in ihrer weiten,
flächigen Ausdehnung ganz von Abläufen bestimmt sind
- sich selbst erzählende Linien, Spuren von sich
entwickelnden Emotionen, sich rituell wiederholende