Volltext: Jahresbericht 1994 (1994)

AUSSTELLUNGEN 
Friedrich Dürrenmatt 
Friedrich Dürrenmatt wollte sich als Zeichner, Maler und 
Grafiker erst nach seinem Tod (1990) der Öffentlichkeit 
stellen. So ist sein bildnerischer Nachlass grösstenteils in 
eine Stiftung übergegangen und nun in einer Auswahl 
einem überraschten, irritierten und erstaunten Publikum 
zugänglich gemacht worden. Die Ausstellung bekam ihre 
besondere Präsenz und Prägnanz durch die Einrichtung 
des Architekten Mario Botta, der die Metapher des Tun- 
nels als Bildwand für die kleinformatigen Tuschzeichnun- 
gen wählte, während sich die plakativen Gouachen zu den 
Fenstern auf den Heimplatz und zum Schauspielhaus 
wandten. Vor diesen standen, im grosszügigen Raumam- 
biente schon dem Eintretenden sichtbar, von Botta eigens 
entworfene Korbsessel und luden zum Lesen und Disku- 
tieren ein, was häufig benutzt wurde und so der Ausstel- 
lung von Anfang an die Sakralität und Musealität gängi- 
ger Kunstverehrung nahm. Im vorderen Ausstellungsteil 
führte das in vier Teile gegliederte vierstündige Filmpor- 
trät von Charlotte Kerr in die Sprache, Fülle und Gedan- 
kenwelt des Dichters ein, während sein immenser 
Schreibtisch und die Dokumente seiner Künstlerfreund- 
schaften, von Walter Jonas zu Varlin, zusammen mit 
Fotos im Treppenaufgang und im Entree sein Haus in 
Neuchätel und seine Biographie vergegenwärtigten. Dür- 
renmatts Bildwelt fand ihren eindringlichen Ausdruck 
wohl in den ganz frühen wie ganz späten Federzeichnun- 
gen, die gleichermassen unabhängig von Zeit und Stil die 
Weltzerstörung, Apokalypse, Krieg und Grausamkeit the- 
matisieren und häufig vor seinem literarischen Schaffen 
als Bildvision entstanden. «Nicht meine Gedanken 
erzwingen meine Bilder, meine Bilder erzwingen meine 
Gedanken.» (F. Dürrenmatt, 1990). Durch Friedrich Dür- 
renmatt-Iage in der Universität und in Theatern sowie 
Veranstaltungen in der Ausstellung wurden viele Brücken 
zu einem literarischen Werk geschlagen, zu dessen Deu- 
tung die Bilder wesentliche Verständnishilfen sind, wie 
dies auch die gleichzeitige Ausstellung des Schweizeri- 
schen Literaturarchivs in Bern und der gemeinsam pro- 
duzierte Katalog aufzeigten. GM 
Dada Global 
«Dada war da, bevor Dada da war»: Am Anfang des Aus- 
stellungsprojekts stand die Bearbeitung und Veröffentli- 
chung der internationalen Dada-Bestände der Sammlung 
ım Anschluss an den 1985 publizierten, jetzt neu aufge- 
legten Band «Dada in Zürich». Wie das Dada so eigen ist, 
entwickelte sich nicht nur das bescheiden genannte 
«Sammlungsheft 18» auf stattliche 472 Seiten entspre- 
chend dem steten Anwachsen der Sammlung seit 1980, 
auch die Ausstellung entfaltete sich zusehends mit Video- 
bändern, Requisiten, Tondokumenten, Transparenten mit 
Dada-Sprüchen und Zutaten aller Art, und eine Bühne im 
ersten Ausstellungsteil war schliesslich Schauplatz von 
rund 25 theatralischen, literarischen, musikalischen Ver- 
anstaltungen. Eine nicht enden wollende Finissage verle- 
bendigte zum Schluss den Geist des dadaistischen 
Gesamtkunstwerks als Aktion und Spektakel, Kulinarıi- 
sches inbegriffen, und so gebar der Dada-Virus jenes «offe- 
ne Museum», von dem die Zürcher Jugend 1968 und 1981 
träumte und die Stadt so infizierte und beflügelte, dass 
selbst die «NZZ» vom Zürcher Kulturereignis des Jahres 
sprach. Die Kunsthaus-Darbietung selber war in drei Teile 
gegliedert: ın eine Einführung in die Geburtsstätte von 
Dada, in das Cabaret, in die Pariser und Berliner Saisons, 
mit den Dokumenten von Hugo Ball und Emmy Hen- 
nings aus der «Voltaire»-Zeit, der Zürcher «Galerie Dada», 
den Tänzerinnen der Laban-Schule und den Marionetten 
von Sophie Taeuber wie einer permanenten Dada-Per- 
formance mit auf die Bühnenrückwand projizierten 
Selbstdarstellungen der dadaistischen Akteure und Pro- 
vokateure. Hans Bolliger erläuterte per Video seine 
Sammlertätigkeit, und Walter Mehring schilderte vom
	        
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