Volltext: Jahresbericht 1994 (1994)

unübermalt erhaltenen Werke aus der Zeit vor dem Zwei- 
ten Weltkrieg, dem sein Pariser Atelier mit einem grossen 
Teil seiner frühen Produktion zum Opfer fiel. Kurz nach 
der Entstehung vom New Yorker Kunsthändler Pierre 
Matisse erworben, entging «Germination» diesem Schick- 
sal; als nach dessen Tod der Galeriefundus aufgelöst 
wurde, kam es wieder zum Vorschein und konnte dank 
Beiträgen des Künstlers und Herrn Jean-Pierre Scialom für 
das Kunsthaus gesichert werden. Die mittlere Generation 
ist mit Helmut Federle vertreten, dessen schon vorhande- 
ne Werkgruppe um die neue «Black Series IX» ergänzt 
wurde. Wie schon der Titel «In einen trüben Teich springt 
plötzlich ein Frosch II» vermuten lässt, handelt es sich 
hier um eine besonders geistreiche seiner Folgen kleiner 
schwarzweisser Rechteckbilder, in deren Ablauf ein geo- 
metrisches Thema dynamisch entfaltet wird; formale 
Spannung und Präzision verbinden sich hier ungewöhn- 
lich interessant mit konzeptuellen Überlegungen zur 
Bildgestaltung im allgemeinen. Unter den jüngeren 
Künstlern fand Marc-Antoine Fehr dank seiner Aarauer 
Ausstellung grosse Beachtung; wir erwarben ein Fragment 
aus seinem seit Jahren verfolgten gleichnishaften Projekt 
über die grosse Mühle, den monumentalen «Müller», eine 
sitzende Figur mit dem ganzen Anspruch altmeisterlicher 
Menschendarstellung. 
Obwohl der Sammlungskonservator angesichts der 
Enge des Raumes kein besonderer Freund von Wechsel- 
ausstellungen im Bereich der Sammlung ist, führte doch 
gerade eine solche zu einer wirkungsvollen neuen Auf. 
stellung der Sammlung. Da die der Räumung der Hodler- 
Säle für die Präsentation der Werke von Richard Gerstl 
zeitlich mit der Versendung mehrerer Gemälde von 
Munch zu Ausstellungen in Oslo und in Deutschland 
zusammenfiel, realisierte er eine schon seit der Erneue- 
rung des grossen Saales im zweiten Obergeschoss gepfleg- 
te Idee: hier in diesem nach Stil und Dimension der 
monumentalen Kunst Hodlers so genau entsprechenden 
Ambiente dessen grosse symbolistischen Kompositionen 
und Landschaften zu zeigen. Und tatsächlich kamen sie 
wie wohl schon lange nicht mehr zur Geltung. Da auch 
das Publikum überraschend positiv reagierte, wurde die 
französische Malerei des 19. Jahrhundert, die deutschen 
«Impressionisten» und Edvard Munch im ersten Oberge- 
schoss eingerichtet, während Ferdinand Hodler nun die 
ihm zumal in Zürich zukommende Stellung als Bahnbre- 
cher der Moderne im ersten Saal der oberen Etage ein- 
nımmt. 
Der fruchtbare Austausch von Ausstellen und Sam- 
meln dehnt sich merkwürdigerweise sogar auf die an ande- 
re Ausstellungen abgegebenen Leihgaben aus, indem die 
dadurch entstehenden Lücken insofern unsere Platznot 
etwas lindern, als zu Unrecht sonst nicht gezeigte Werk- 
gruppen wenigstens vorübergehend sichtbar gemacht wer- 
den können. So hing während der Beuys-Ausstellung in 
Zürich, Madrid und Paris in dem Raum der «Olivestone» 
die vor allem von Rene Wehrli mit grosser Sicherheit 
gesammelte Gruppe von europäischen Werken der Nach- 
kriegszeit, u.a. von Wols, Riopelle, de Sta&l, Poliakoff, 
Täpies und Dubuffet. Die drei Leihgaben für die grosse 
Mondrian-Retrospektive in Den Haag, Washington und 
New York schufen Raum für eine Accrochage des schwei- 
zerischen Surrealismus. An die Stelle der beiden frühen 
Gemälde von Monet, die zu «Les Origines de l’Impres- 
sionisme» in Paris und New York reisten, traten als Leih- 
gaben eines Privatsammlers zwei späte «Rosenalleen», 
extreme Gemälde, die zu einem erhellenden Vergleich mit 
den anderen Spätwerken von Monet anregen. Als unmit- 
telbarer Ersatz für Gemälde von Degas in der Ausstellung 
des Kunsthauses stellten wir u. a. der Stiftung Bührle Bil- 
der von Monet, Petrini und Segantini zur Verfügung; des- 
sen «Weisse Gans» trat dort in einen ebenbürtigen Dialog 
mit Manets gleichartigem «Le grand duc». 
Damit sind zugleich schon etliche Leihgaben genannt, 
die - man sieht es - sich im Berichtsjahr vor allem durch 
ihre Gewichtigkeit auszeichneten. Vor allem aus unseren 
doch recht schmalen Beständen des Impressionismus und 
der klassischen Moderne werden dauernd gerade die 
bedeutendsten Stücke angefordert. Mit 119 Gemälden 
respektive Skulpturen und 121 Arbeiten auf Papier ging 
die Anzahl der ausgeliehenen Objekte gegenüber dem 
von den Dada-Präsentationen gekennzeichneten Vorjahr 
merklich zurück; doch wurden mit diesen nicht weniger 
als 91 verschiedene Ausstellungen bedient.
	        
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