KUNSTHAUSBESUCH
Gegenüber dem Vorjahr sind die Besucherzahlen zurück-
zegangen. Mit 109 703 Besuchern hat zwar die Degas-Por-
rät-Ausstellung deutlich über der budgetierten Annahme
abgeschlossen, und auch die Robert Frank gewidmete
Ausstellung erzielte ein durchaus positives Resultat (693
Besucher pro Tag). Als enttäuschend muss jedoch das
ınteresse bezeichnet werden, das die an anderen Orten -
so in Madrid, Minneapolis, Los Angeles, Washington,
New York — erfolgreiche Retrospektive von Bruce Nau-
mann hervorzurufen vermochte. Der Tagesdurchschnitt
von 503 Besuchern vermochte nicht zu befriedigen, ins-
jesondere nicht nach dem beachtlichen Erfolg der
Joseph-Beuys-Ausstellung des Vorjahres — dass die inno-
vatıve Kreativität des Amerikaners derjenigen des Deut-
schen nicht nachstehen dürfte, ist dem aufmerksamen
Beobachter der Kunstszene der letzten Jahrzehnte keines-
wegs entgangen. Auch die letzte Ausstellung des Jahres,
«100 Jahre Kino», hat die in sie gesetzten Erwartungen
nicht erfüllt.
{m Vorstand, in der Ausstellungskommission und
natürlich besonders häufig im Kreis der Ausstellungs-
macher haben diese Resultate zu Diskussionen geführt,
ım die Gründe für die in der Sicht der Kunsthaus-Verant-
wortlichen zu geringe Akzeptanz zu erklären. Erwar-
:ungsgemäss haben diese internen Manöverkritiken keine
allgemein verbindlichen Erklärungen zutage gefördert.
Ob die Themen der einzelnen Ausstellungen als zu elitär
der kompliziert empfunden worden sind, ob sich die
Marketingmassnahmen als zu wenig griffig erwiesen
aaben - um diese beiden Fragenkomplexe drehten sich
die vornehmlichsten Mutmassungen.
Vielleicht müssen indessen Erklärungen genannt wer-
den, die nicht die Museumsaktivitäten, sondern das all-
gemeine Umfeld betreffen: Rezession und damit verbun-
dene Konsumunlust-Phänomene, die jedenfalls den ver-
schiedensten Branchen zu schaffen machen. Und viel-
'eicht ist auch die keineswegs erfreuliche Tendenz zu
erwähnen, dass sich der Museumsbesuch nach den boo-
menden achtziger Jahren seit rund 1990 auch internatio-
nal gesehen eher rückläufig enwickelt. Zwar vermögen
«Top Stars» wie etwa Cezanne im Winter 1995/96 in Paris
oder auch Klimt 1992 in Zürich, nach wie vor beachtliche
Besuchermassen zu mobilisieren - zu beklagen bleibt
allerdings eine vergleichsweise wenig neugierige Indiffe-
renz dem Ungewohnteren oder Neueren gegenüber.