Volltext: Brief, Schaffhausen, den 10. Oktober 1930., An das Sekretariat der Kunstgesellschaft Zürich, Kunsthaus Zürich.

  
  
   
   
Schaffhausen,den 10,0ktober 1930, 
An das Sekretariat der Kunstgesellilschaft Zürich 
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Sehr geehrter Herr! 
Dank dem Wohlwollen,der Lojalität und der Objektivität im Werturteile 
der Zürcher Künstlerschaft,resp,der Jurimitglieder,die über die Zulassung von 
Arbeiten zu den Ausstellungen im Kunsthaus Zürich auf Crund eines Qualitäts= 
ausweises zu befinden haben,hatte ich schon oft Gelegenheit in den geschmack= 
vollen Räumen des Kunsthauses die eine oder andere Arbeit zeigen zu dürfen, 
Diese Juroren,in richtiger Erkenntnis ihres verantwortungsvollen Amtes 
und vom Grundsatze geleitet,dass nur künstlerische Masstäbe,Kriterien und Ce= 
Sichtspunkte ausschlaggebend sein können bei ihrer Selektionsarbeit ‚hatten 
meine bescheidenen Manifestationen künstlerischen Schaffens oft für ausestellungs= 
würdig erachtet, und es wurde mir hin und wieder die Ehre zu teil ‚unter den Wer= 
ken hestausgewiesener Kollegen an Ausstellungen vertreten sein &u dürfen, 
Ich lebte der Höffnung, gelegentlich einmal durch eine kleinere oder 
grössere Kollektion meine Zielstrebigkeit auf der Ebene der Kunst in überzeugen= 
der Weisse dartun zu können;Leider erlaubten es die Umstände bis datö nicht ‚mit 
der höflichen Anfrage um Zulassung Zu einer Ausstellung an Sie zu gelangen, Heute 
gestatte ich mir nun in meiner Eigenschaft als Mitglied der Sektion Zürich der 
GSMBA ‚Sowie als Mitglied der Kunstgeseilschaft Zürich bei Ihnen diesbezüglich 
vorstellig zu werden, 
Ich glaube,dass der Zeitpunkt nicht verfrüht ist,auch einmal in Zürich, 
dem Schnittvunkte dreier Kulturkreise ‚mit der gütigen Erlaubnis der Kunstgesel1= 
schaft Zürich eine grössere Anzahl meiner Arbeiten den Kunstfreunden Zürichs 
zugänglich machen zu können,nachdem mir vor 2 Jahren das Kunsthaus in Stuttgart 
(Würthembergischer Kunstverein)seine Pforte gesffnet hatte,indem mir ein kleinerer 
Saal für meine Kollektion eingeräumt worden war, 
Wer heute im Künstlererxistenzkampfe steht, weiss Sehr wohl und muss es 
täglich erleben, dass im Zeitalter des Chauffeurs,der Mechanisierung und Raticnali= 
sierung auf allen Gebieten menschlicher Tätigkeit für die künstlerischen Bestre=- 
bungen als Kulturbelange herzlich wenig Raum im Ceistesleben der Völker übrig ge= 
blieben ist, Die Technik beherrscht das Feld unserer Wirtschaftgkultur, Radic,Auto 
und Kino absorbieren die Interessen weiter Kreise, Überdies setzt das sachliche, 
kubistische und mechanisierte Bauen den Lebens- und Geltungsansprüchender freien 
bildenden Kungst sehr enge Crenzen, Die btilderlose Wand ist bei Nüchternheitsfäana= 
tikern und Bild- und Gleichnisprohibitionisten Tatsache geworden, Dieser Schön= 
heitsfehler des Bauens wird ebensogut wieder verschwinden,wie analoger Weise einer 
fanatischen Bilderstürmerei im Mittelalter Einhalt geboten werden musste von 
den geistigen Führern, Die Vernunft wire auch hier wieder siegen! 
Dem Zweckbaustite,der sich mit Macht international entfaltet und einen 
zu begrüssenden baulichen Einheitswillen dokumentiert und dem Verständnis aller 
Volksschichten das gemeinsame des Lebensraumes im Baugedanken wieder nahe bringt, 
kann es vielleicht vorbehalten sein,eine Basis der Verständigung zwischen freier 
und angewandt »= tektonischer Kunst zu schaffen, beide im Dienste eines neuen Bau= 
zieles, Seine Existenzberechtigung leitet dieser Stilwille bekanntlich aus dem 
neugewonnenen Raum- und Lebensgefühle ab,Es sind dieselben Lebenszentren,aus denen 
jeder moderne Künstler seine Impulse bezieht bei Gestaltung seines aus dem Zeit= 
geiste geborenen Bildgedankens beim Staffeleibilde,Das Staffeleibild als Manifesta= 
tion der individuell-persönlichen, geistigen und sinnlichen Durchäringung der Natur, 
wirä stehts einer der Masstäbe des vergeistigten, visuellen Stratums einer Kultur= 
Spoche bleiben,ein Dokument des Strebens nach Gleichgewicht von Geist und Materie, 
In diesem Sinne erlaube ich mir,Ihnen meine Anfrage um Zulassung einer 
Kollektion von ga 10 Bildern. zum Kunsthause Zürich im Jahre 1931/32 höflichst zu. 
unterbreiten, 
Ihrer freundlichen Rückäusserung gerne entgegensehend, zeichnet mit dom. 
Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung / SS 
; 
f allen. s 
 
	        
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