Volltext: Clotilde von Derp und Alexander Sacharoff

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Autor eigentlich an diesen Leuten interessiert, und es wirkt fast 
naiv, wie er Madame Legros den Brief finden lässt. 
Sie liest und begreift nur langsam, und ihre ersten Mitteilungen 
an das Volk in der Gasse gehen vorüber wie die meisten Szenen 
von solcher Art; sie bleiben etwas unwahrscheinlich. Aber dann 
begreift Madame Legros, worum es sich handelt, und dass ihr der 
Atem Gottes dieses Blatt vor die Füsse geweht. Darin lag ja die 
Genialität dieser Frau, dass sie den Zettel des Gefangenen in der 
Totalität seiner Mitteilung zu erfassen und Schicksal zu sehen ver 
mochte, wo jeder andere gleichgültig geblieben wäre. Mit der ele 
mentaren Wucht der Intuition vollzieht sich bei Mann in dieser 
Frau aus dem Volke die Symbolisierung des Unschuldigen, in 
dessen Leiden sie sich selbst erkenni und alle Welt, die nach Er 
lösung schreit. Und an dem Erlösungsmotiv entzündet sich das 
Dichterische Heinrich Manns und er wird zum Verkünder einer 
höchsten Ethik. 
Ham Müller: „Könige". 
Eine freundliche, teilweise begeisterte Aufnahme wurde überall auf 
deutschsprachigen Bühnen dem dreiaktigen Schauspiel „Könige" 
von Hans Müller zuteil. Er führt mit seinem Werke in Deutsch 
lands grosse Vergangenheit und eines der schönsten, bedeutsamsten 
Kapitel schlägt er darin auf: wie Ludwig der Bayer Friedrich von 
Oesterreich, seinen besiegten und gefangenen Gegenkönig, der einst 
sein bester Freund gewesen, frei lässt auf sein Manneswort hin, 
dass er Frieden stiften will zwischen den beiden feindlichen Par 
teien, um deren Zwietracht willen das ganze deutsche Land bitterste 
Not leiden muss; wie Friedrich sein Wort nicht einzulösen vermag 
und zurückkehrt in die Gefangenschaft; wie Ludwig niemals zwei 
felte an seines einstigen Freundes Treue und wie er sie lohnt durch 
freiwilliges Einräumen der Milregentschaft am Reiche. Der Dichter 
erzählt es schlicht, aber trotzdem in dramatisch überaus bewegten 
Bildern und in einer Weise, bei der auch der Geschichtskundige 
nichts an Spannung und Erregung einbüsst. lieber Fabel und Füh 
rung aber der Handlung hinaus ist das Schauspiel reich an schönen 
Einzelheiten; Szenen, die eine köstliche lyrische Stimmung atmen, 
wechseln ab mit Szenen, aus denen eine aufrichtige Begeisterung 
für alle vaterländischen und menschlichen Tugenden mit glühender 
Leidenschaft entgegenschlägt; klare und gute Gedanken werden in 
gepflegter, wohlklingender volltönender Sprache vorgetragen; und 
Stimmen werden wach, die ein lautes Echo wecken in unserem 
Herzen. Eines jedoch vor allem; Lebensglaube ist in diesem Werke; 
es ist erfüllt von jener lauteren, vornehmen Kraft, die aufbaut und 
erbaut, die aufhebt und erhebt. 
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