Volltext: Neue Jugend (1-5;7-11/12)

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Salons. 
Eine kleine Anzahl von Bildern des Henri Matisse 
ist im Salon Gurlitt zu sehen. Es ist erstaunlich wie 
rasch dieser Künstler aus der heftigen Debatte um Wert 
oder Unwert in jene klassische Nähe der Impressionisten 1 
gerückt ist, wo Ehrfurcht vor der Größe die Kritik in 
engste Grenzen der Sachlichkeit spannt. Das Neue wirkt 
nicht mehr als Bluff, sondern als Ziel der Entwicklung und 
man erkennt das malerische f Erlebnis, den Wert, den das 
Beschränken auf Farbenfläche und Umriß hatte, und man 
erkennt den Ausgangspunkt Neuerer. Die ursprüngliche und 
selbstverständliche Architektonik Cezannes ist hier bereits/ 
zu einem Ziel geführt. Die Dissonanz der Farben klingt 
zur Harmonie zusammen. Und aus der Reihe der wenigen 
kleinen Bilder hier (es fehlen vor allem jene wichtigen großen 
dekorativen wie der „Tanz“ und die „Musik“) leuchtet das 
große Antlitz eines Schöpferischen auf. 
C a s s i r e r stellt in seinem Salon verschiedene aus. Man 
ches, das man schon kannte: Den „Mord“ Cezannes (er 
hing auf der vorigen Sezession am Kurfürstendamm). Die 
wilde düstere Einsamkeit, in der nur die beiden Fleischer 
arme der Mörderin und der dolchgehobene Arm und flat 
ternde Rock des Mörders brutal aufleuchten, birgt alle die 
Schauder einer dantesken Höllen’andschaft. Erschütternd und 
elend verlassen greift der nacktgraue Arm der Ermordeten, 
rinnt ihr blondes Haar nach vorn. Vion Cezanne gibt es 
noch einige Aquarelle von der Wunderzartheit des Eben 
begonnenseins und eine späte fast ganz in Traum gelöste 
Landschaft. Von Pissaro hängt der „Place du Theatre fran- 
gais“ dort. Fast aus der Vogelperspektive sieht man auf 
das Durcheinander der Omnibusse, Fußgänger und Wagen, 
die mit solcher Sicherheit gesetzt sind, daß man an die 
Notwendigkeit der Reihenfolge glauben muß. Renoir ist 
gut vertreten, auch Pascin mit Mädchenakten, deren rührende 
Frivolität man kennt. Liebermann wirkt ziemlich langweilig 
mit seinen unvermeidlichen Strandbildern (Feuilletons aus 
der Sommerfrische). Trübner hat sein ewig-gleiches Leim 
grün, Slevogt ein sehr schlechtes Reiterbild. Feigl ist ein 
Neuer, der vielleicht Talent hat.
	        
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