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Sexualaufklärung.
(Ein Beitrag zur Jugendethik.)
M eine Freundin, die Baronesse A. von S., sagte mal zu mir:
Als ich fünfzehn Jahre alt war, unternahm meine Mutter
das Wagnis, mich sexuell aufklären zu wollen. Dabei stellte
sich heraus, daß sie in manchem ganz falsch unterrichtet
war, vieles überhaupt nicht wußte. Die von ihr geplante
Aufklärung gestaltete sich also derart, daß ich ihre Un
wissenheit korrigierte. —
Hier setzt die ganze herrlich grausame Satyre ein, der
wunderschöne Spaß, sich maßlos zu entrüsten. All die elter
lich lehrhaften Ratschläge, in Klammern: Broschürenweis
heiten, schrumpfen elend zusammen vor der erhabenen
Potenz der Erfahrung am eigenen Leibe. Denn jenes ist:
kraftlose unverständliche Phrasendreherei, dies aber: Läutet
rung und Verständnis.
Es wird hierbei vorausgesetzt, daß dem Kinde von An
beginn seiner Existenz ein so großes Teil ethischer Kraft
eingeimpft werde (zunächst: Aesthetik überhaupt — ein
begriffen: Aesthetik des menschlichen Körpers — dann
im Einzelnen: die Freude am Reinen und Schönen), daß
es unbeschadet und ungetrübten Auges die Klippe seiner
Entwicklung überschreiten kann. Hierzu gehört vor allem
eine Umgebung von einer Lebensart, die des Reinen voll.
Ich spreche zunächst von den Knaben. —
Es gibt Häuser, in denen die Kinder und jungen Leute
bis in die Mittagsstunden im Bett geduldet werden. (Ent
schuldigung der Mutter: Der arme Junge — diese Ueber-
bürdung in der Schule — sie ahnen gar nicht —).
Das führt aber zunächst zu Trägheit, zweitens zu Lang
weile. Schließlich greift Gedanke und Tun in die Kreuz-
und Quergänge des Geschlechts. Das wird zur Uebung —
die Folgen sind unabsehbalr. Dies aber ist das Schlimmste.
Das langsame kriechende Abstumpfen von Körper und
Geist, das ich an einem jungen hochtalentierten Menschen
beobachten mußte, ist unsäglich erbarmungswert. — Jüngst
traf ich ihn. Es war, als sei alles von ihm abgeschmolzen.
Das langblonde Haar lag ihm strohig um den Kopf, seine
Stimme klang hohl und zittrig, wie die eines Greises, seine
Bewegungen waren jäh und scheu, der ganze Körper zer
brochen und zerrissen; was er spjrach, irr. Ein weher Glanz
in seinen Augen. —