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„Sa", sagt da der Tierarzt, „da kann ich auch nichts machen, ich bin
nämlich Tierarzt. Wenn der sich alle Federn ausreißt, daß da
keine wachsen können, dann hatter eben keine. Schön siebter
ja nicht grade aus, son nackiges Tierche, pfui schäm dich, Schacko,
dreh dich mal um, und der schämt sich noch nicht emal. Auf seinem
kleinen Kopfe, da hatter ja noch welche. Aber da behalten Sien
doch zur Erinnerung an Ihren guten Vater, weil der doch so hat leiden
müssen, ehr daß der starb."
Und da hab ich ihn behalten zur Erinnerung. Und dabei mag mich
das Tierche noch nicht emal, weil ich doch ne Frau bin, weiis
doch ein Weibchen ist, das riecht der. Das nennt man bei den
Tieren Instinkt, weil man doch nicht Inriecht sagen kann, aber
das riecht der. Wenn ich dem zum Beispiel das Köpfchen kraule,
dann beißt der mich. Wenn Sie dem aber das Köpfchen kraulen,
dann gibt er Ihnen Küßchen, weil Sie doch ein Mann sind,
weiis doch ein Weibchen ist. Sag mal Schacko, soll Dir der Rudolf
mal das Köpfchen kraulen, oder ist es der Otto? Die älteren
Herren nennter nämlich: „Der Rudolf", die jüngeren der
Otto, weiis doch ein Papagei ist. Sag mal Schacko, ist es der
Rudolf, oder ist es der Otto?
„Derrr Rruudolf"!
Hören Sie, er sagt: „Der Rudolf", son liebes TiercheI
Als unserVater noch lebte, hab ich gesagt: „Vater, wenn Du einmal,
was der Himmel verhüten möge, Deine Augen für immer schließen
solltest, was soll dann aus dem Tierche werden? Der nimmt doch
von mir kein Futter, weil ich doch ne Frau bin." Da hat unser
Vater gesagt: „Wenn ich dereinst einmal, was der Himmel verhüten
möge, die Augen für immer schließen sollte, und der hat keinen
Besseren, dann wird er von Dir sein Futter schon nehmen." Und
als unser Vater, was der Himmel verhüten möge, seine Augen für
immer geschlossen hatte, und der hatte keinen Besseren, und
ich gab dem am anderen Morgen sein Futter, da hat der alles aus
den Stäben seines Bauers wieder herausgeknibbelt und dazu
hatter gesagt: „Ssähste, daa hastn", weiis doch ein Papagei ist.
Aber am anderen Morgen, da hat ders vor Hunger gefressen.
Sehen Sie, jetzt macht der sein Nießerchen. Gesundheit, Schackol
Sehen Sie, und jetzt weint der. Aber Sie werden jetzt sicher denken:
„Was hängt denn da eigentlich herunter?" Ja, das ist nämlich
sein Kropf. Das Tierche hatten Kropf! Der muß doch wissen,
wo der seine Körnerchen hintut, wenn der seine Nahrung zu sich
nimmt, dazu hat der seinen Kropf. Sie würden das garnicht emal
bemerken, wenn der seine Federn noch hätte. Aber die hatter
sich ja ausgerissen. Weil unser Vater doch so hat leiden müssen,
ehr daß der starb, da hat der sich alle Federn ausgerissen. Auf
seinem kleinen Kopfe, da hatter ja noch welche, schön sieht er ja
nicht grade aus, son nackiges Tierche, pfui schäm dich, Schacko, dreh
dich mal um, und der schämt sich noch nicht emal!
Aber Sie werden jetzt sicher denken: „Was hängt denn da nun
schon wieder herunter?" - Ja, das ist nämlich ein Bruch. Das
Tierche hatten Bruch!
Ja, wenns'n Mensch wäre, dann würde ich sagen: „Der muß ein
Bruchband tragen" oder wenns gar ne Dame ist, aber der trägt
doch kein Bruchband, weiis doch ein Papagei ist. Der läßt sich an
seinem kleinen Körper doch nicht ankommen 1 Der würde sich das
bloß abknibbeln und sagen: „Sähste, da hasten!" weiis doch ein
Papagei ist. Der hat nämlich mal 8 Tage keinen Stuhlgang
gehabt. Da hab ich gedacht: „Gehster mal mit zum Tierarzt,
der kann ja auch nichts machen". Und wie ich mit dem Tierche
in der Eisenbahn sitze, von der Aufregung oder von dem Rucken
oder so, da kriegt der plötzlich Losung, und da hat der sich
das da alles herausgedrängt. Schön sieht er ja nicht grade aus.
Da hab ich gesagt: „Herr Doktor, Sie werden jetzt sicher denken,
was hängt denn da nun schon wieder herunter? Ja, das weiß ich
nämlich auch nicht. Der hat nämlich 8 Tage keinen Stuhlgang
gehabt, und da denk ich, gehster mal mit zum Tierarzt, der kann
ja auch nichts machen. Und wie ich mit dem Tierche in der Eisen
bahn sitze, von der Aufregung oder von dem Rucken oder
so, da kriegt der plötzlich Losung, und da hat der sich das alles
da herausgedrängt." „Ja", sagt da der Doktor, „da kann ich
auch nichts machen, ich bin nämlich Tierarzt. Der hat nämlich