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Der erste Tag
ICH UND MEINE ZIELE.
Warum soll ich nicht auch einmal über mich selbst schreiben, selbst
wenn mich an dieser Stelle niemand darum bittet. Ich bin nicht eitel,
weil ich die Belanglosigkeit aller Dinge kenne. Ich schreibe hier nur,
um allen denen eine gemeinsame Antwort zu geben, die immer
wieder wieso und warum fragen, z. B. weshalb die „Veilchen" zum
Schluß ganz anders geworden sind, als am Anfang geplant war, denn
ich selbst bin solch ein Veilchen, welches mit Absicht im Ver
borgenen blüht, weil ich überzeugt bin, daß ich dort schöner dufte.
Ursprünglich wollte ich als „Veilchen" nur eine Sammlung neuer
Dichtungen veröffentlichen, um den Vielen, die immer fragen, wo man
meine neuesten Sachen kaufen könne, dazu Gelegenheit zu geben.
Sie werden jetzt wohl nicht mehr fragen, wenn sie wissen, daß sie
kaufen können, denn man fragt gern, aber man kauft ungern.
Aber warum soll ich immer nur an andere denken und anderen
Gefälligkeiten erweisen; man hat so selten als Künstler Gelegenheit
etwas zu veröffentlichen. Die Welt ist voll von Parteien, und
jede Partei hält den Künstler für unbegabt, der etwas Anderes für
wichtig hält als ihr Programm. Jede Partei spricht der Kunst
die innere Berechtigung ab, wenn sie nicht für ihr Programm
mitkämpft oder ihr sonst in irgend einer Weise zur Durchführung
ihres Programms verhilft. „Wirken" ist heute die Devise, die Kunst
aber braucht beschauliches „Sichversenken", die Kunst will schaffen,
und nicht anders wirken als durch die Tatsache ihres Bestehens. „Ja
warum wollen Sie nicht gleichzeitig wirken?" fragt mich die Partei,
und denkt dabei an eine großzügige Propaganda, die ich für ihre
Ideen entwickeln soll, um ihr dadurch meine Berechtigung als Künstler
nachzuweisen; aber ich weiß, daß man nur ein Ziel bei einer Arbeit
haben kann, und die Kunst ist mir viel zu wertvoll, um als
Werkzeug mißbraucht zu werden; lieber stehe ich persönlich
dem politischen Zeitgeschehen fern.
Ich hoffe, die Zeit wird auch ohne mich politisch weiter bestehen
können, wohingegen ich bestimmt weiß, daß die Kunst für ihre
Entwicklung mich noch braucht. Kunst ist ein sonderbares
Ding, sie braucht den Künstler ganz.
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