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Barett, weißem Hemdausschnitt und zartrotem Rock mit schwar
zen Ärmeln. Die beiden andern, in ihrer Art von kaum weniger
eindrucksvoller Unmittelbarkeit, sind derber angefaßt, in aller
Kraft und Frische der Darstellung dabei im menschlichen von
einer Zurückhaltung, die Sitte und Brauch der Zeit auch bei
schlicht bürgerlichen Bildnissen streng zu verlangen scheinen.
Oberrheinische Beweglichkeit, die schon im Scheibenriß des
Straßburgers Baidung sich ausspricht, findet bei Tobias Stimmer
weitere Ausprägung und Bestätigung. Man fühlt hinter diesen
Zeichnungen den geschmeidigen und schlagfertigen Straßburger
Bücherholzschnitt und eine freie und sichere Stellung zum Beben,
eine Kunst- und Weltgesinnung, der beide, Kirche und Humanis
mus, gerade noch die Flügel, nie aber Gewichte anheften. In
diesem warmen, auch räumlich so klaren Ficht und munterer
Bewegung leben auch die an sich ganz anspruchslosen und im
Motiv durchaus unselbständigen Umrißzeichnungen des wie Stim
mer in Straßburg niedergelassenen Zürcher Glasmalers Barth-
lime Fingk.
In Zürich lebt und lernt Christoph Murer von Kind auf
in einer ähnlichen Atmosphäre von Kunst und Gelehrsamkeit,
wie sie für Stimmer vorerst in Basel, dann in Straßburg zum Ele
ment geworden ist. Zum Vater hat er einen Maler, Dichter und
Magistraten, Taufpate ist ihm der Verleger Froschauer. Um 1580
arbeitet er selber eine Reihe von Jahren in Straßburg, nachher
als vielbeschäftigter Maler, Illustrator und Glasmaler in Zürich.
Ihn treibt es bis zum Virtuosentum, wo Können bald wichtiger
genommen wird als Schaffen. Haltung wird zur Pose übersteigert,
Sich-Regen zu wirbliger Geschäftigkeit. Es sieht sich an wie
tolle Flucht vor Fangeweile, und überall steckt doch auch etwas
von bäuerlicher (oder schweizerischer?) Schwere. Karlsruhe be
sitzt eine lange Reihe von glänzenden Scheibenrissen des Künstlers,
alle kunstvoll laviert. Die fünf ausgestellten, die sich auf zwölf
Jahre verteilen, geben an künstlerischer Kraft und Erfindung
nicht viel weniger als fünfzig oder fünfhundert.
Auf Buchillustration und Glasmalerzeichnung scheint in der
Schweiz gegen Ende des 16. Jahrhunderts die nicht akademische,
unmittelbar lebendige und wahrhaft volkstümliche Kunstübung