Volltext: Der Sturm (13 (1922), 5)

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Phil, et med. sind keine Autoritätstitel bezüglich einer Urteilsfähigkeit über künstlerische Fragen. 
«SYNDETICON» es el nombre registrado y protegido por la ley. 
,Kleb ekr aft‘ 
ges. gesch., in Pulverform, klebt 
Leder, Stoffe, Pappen etc. 
I. Qualität 
(stark fadenziehend) ergiebig. 
Sollte phil. etwa Kunstgeschichte bedeuten, so hat Herr Weygandt hier sich selbst durch 
diesen Titel entwaffnet. Klebkraft, stark fadenziehend, hat der Kunstgeschichtler nicht. 
Durch Studium aus Büchern sind Kunstgeschichtler derart in der Aufnahmefähigkeit bor 
niert, dass sie mit dem besten Willen das Wesen neuer Kunst durch die Anschauung, 
fadenziehend, syndetikalistisch, nicht mehr erkennen können. Als sie auf dem prächtig 
geschmückten Festplatze eintrifft, herrscht dort bereits frohes Treiben. 
Herr Dr. phil. et med. Weygandt weiss, dass er tatsächlich nichts gegen die Kunst der 
Jungen Vorbringen kann, ausser seiner persönlichen Abneigung, die er sorgfältig zu ver 
stecken sucht. Infolgedessen streut er Verdächtigungen aus, ohne zu beweisen, zieht 
Parallelen ohne Lineal und bemerkt nicht, wie krumm seine Linien geworden sind. 
Eine Künstlerkapelle lässt ihre lockenden Weisen ertönen und die Paare drehen sich im 
Tanz. Weinlauben laden zum Verweilen ein und entgegen des Dichters Mahnung: 
„Willst wahren Du Herz und Glauben, zieh niemals an den Rhein 
Und trink in rhein’schen Lauben nie einen Tropfen Wein“, 
folgt man der Einladung nur zu gern, denn alles atmet Freude und Feiertagsstimmung. 
Es ist z. B. eine sinnlose Verdächtigung, zu schreiben: „Verlockend für die Kunstjünger 
wirkt sicher auch die Verachtung der Technik, wodurch mühsames Erlernen des Hand- 
werksmässigen überflüssig erscheint.“ Ich hoffe dass meine beleidigten Kollegen dazu auch 
Stellung nehmen werden wie ich. Ich selbst kann nur von mir berichten, dass ich die 
sogenannte Technik im Abmalen durchaus nicht verachte. Ich male selbst sorgfältige 
naturalistische Portraits, man kann aber solche Naturstudien nicht als Kunst bezeichnen. 
Das Protrait ist eine wissenschaftliche Feststellung, wie jemand aussieht, die jeder be 
liebige unkünstlerische Mensch, meinetwegen ein Arzt, ebensogut machen könnte wie ich. 
Es ist aber leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelör kricht, als dass ein Herr Dr. phil. et 
med. etwas von Kunst begriffe. 
vorläufig 
ausverkauft. 
Von dem Festleiter herzlich willkommen geheissen, dankt der Liedervater für die freund 
liche Begrüssung und fordert die Liedertafel auf, einige Lieder zum Vortrag zu bringen. 
©ibt’ö ba eine 
Ganz einfach: 
Weil Merzbilder — enorm haltbar sind. 
Es liesse sich schliesslich noch darüber streiten, ob die Kunst oder die Nachahmung ein 
grösseres rein technisches Können erfordert. 
Weil Merzbilder — sich deshalb im Gebrauch billig stellen. 
Ich möchteJzunächsF über die Kunst schreiben. Beim Kunstwerk unterscheidet man Form 
und Inhalt. Die Form des Werkes wendet sich an die Sinne, der Inhalt an die Seele. 
Der Mensch hat fünf Sinne, und wir kennen die Sinnesorgane. (0 du, Geliebte meiner 
siebenundzwanzig Sinne!) Aber was die Seele ist, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen.
	        
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