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Wir brauchen den Bürger. Er zwar glaubt unserer nicht zu be
dürfen. Er nennt unsere Qual mit argen Namen, er feiert unsere
Feste nicht. Aber wir wissen, daß wir seiner nicht entraten können.
Nicht als ob er irgend etwas täte, um uns nützlich zu sein. Er
sträubt die Borsten, wenn er uns sieht. Er schnaubt durch die
Nase, er bläst seinen Schnauzbart auf, wenn wir ihn beschei-
dentlich vor unsere gemalten und gedichteten Erkenntnisse führen.
Und wenn er davor steht, peitscht er seine subalternen Hosen
schläuche mit dem Spazierstock. Dafür läßt er uns hungern,
der Kamerad Bürger, bis wir schwarz werden oder berühmt
oder steinalt und steinkalt.
Und dennoch: der Demiurg erschuf ihn eigens zu unserm Nutz
und Frommen. Er konnte uns nicht denken, ohne zugleich
den Bürger zu denken.
Der Bürger ist unsere Vorbedingung. Er ernährt uns zwar
nicht, aber er ermöglicht uns. Er ist unsere metaphysische
Voraussetzung. Nicht etwa in dem Sinne, daß er den Staat er
hält (in dem wir bis jetzt immer Ausgestoßene waren) oder die
Familie (in der wir als die verlorenen Söhne und Schwieger
söhne im zugigen Korridor stehen) oder die Industrie und den
Handel (für die wir Ausbeutungsobjekte sind wie jeder ruß
geschwärzte Proletarier). Sondern in einem höheren, fast reli
giösen Sinne. Ich habe viel darüber nachgedacht, wie in dem
erstaunlichen, schweißtriefenden Machwerk des Demiurgen eins
ins andere greift. Ich bin noch nicht dahinter gekommen, wes
halb er die Tsetse-Fliege erschaffen hat, die ihren Lebenszweck
darin erblickt, die Schlafkrankheit zu verbreiten. Aber wes
halb er den Bürger erschuf — seht, dieses einzusehen ist mir
in einer guten Stunde gelungen.
Es ist aber schwer, es zu sagen. Denn wir reden von nichts
seltener und widerwilliger als von den Voraussetzungen. Ich
sage also: unsere Existenz setzt den Bürger voraus. Es gibt eine
gewiße Summe Feigheit und Dummheit in der Welt, die durch
aus gefeigt und gedummt werden muß. Diese Arbeit nimmt uns
der Kamerad Bürger fast vollständig ab. Er ist Knecht, damit
wir frei sein können. Er ist Zerlegungsprodukt aus einem
Ganzen, aus dem wir uns luftig und leicht herausdifferenzieren
konnten, weil er, der Jammermann Voll und Ganz, als ober
flächlich gestaltetes Schlammgebilde in der Tiefe sitzen blieb.
Seht euch die ganze Schöpfung an. Was findet ihr darin als