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den Bildern herstreichen.“ In diesem Falle muß es natürlich
heißen: „Die Gedichte lesen.“
Wie ich über solche Begeiferung durch das Publikum denke,
kann ich wieder durch ein Zitat Edschmidts aus dem „Volks
willen“ ausdrücken: „Wie überall, haben nur die Kleinköpfigen
und die Tiere das Recht, sich den Forderungen der Zeit zu ent
ziehen.“ Es kann niemand etwas dazu, wenn er einen zu kleinen
Kopf hat. Kurt Schwitters
Anmerkung der Redaktion:
Wir drucken diese Erwiderung aus Billigkeitsgründen ab, be
merken aber dazu, daß für jeden Einsichtigen klar am Tage
’ liegt, daß das, was Herr K. Edschmidt zur Eröffnung einer Schau
ernster deutscher Kunst gesagt hat, nichts zu tun hat mit dieser
aufdringlich albernen Plakat-Reklame für die „Anna Blume“.
Leider ist auch zu konstatieren, daß schon mancher junge
Kunst- und Literaturbeflissene von dem Wahne befangen ge
wesen ist, gerade er habe einen größeren Kopf als seine nicht
für ihn, oder genauer gesagt: nicht für jede von ihm ausgehende
Äußerung eingenommenen Zeitgenossen. Aber der eigene Wahn
ist nun einmal nicht das Entscheidende, auch auf diesem Gebiete
nicht . . . .“
Aber, aber: auf der Darmstädter Expressionisten-Ausstellung, füt
die der Dichter Kasimir Edschmidt verantwortlich zeichnet, sind sieben
grosse Merz-Bilder von Kurt Schwitters ausgestellt. Sollte Edschmidt
nicht doch andrer Meinung als der,, Volkswille“ sein, und Schwitters
zur ,,ernsten Kunst“ rechnen . . . .?
Wer ist Dadaist?
Ein Dadaist ist ein Mensch, der das Leben in allen seinen un
übersehbaren Gestalten liebt, und der weiß und sagt: nicht allein
hier, sondern auch da, da, da ist das Leben! Also beherrscht
auch der wahrhafte Dadaist das ganze Register der
menschlichen Lebensäußerungen, angefangen von der
groteskesten Selbstpersiflage bis zum heiligstenWort des
Gottesdienstes auf der reif gewordenen, allen Menschen
gehörenden Kugel Erde. Und ich werde dafür sorgen, daß
auf dieser Erde Menschen leben künftig. Menschen, die ihren
Geist in der Gewalt haben und mit diesem Geist die Mensch
heit neu schaffen. Der Oberdada