Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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das nicht nur Italien, Serbien, Rumänien und Deutsch 
land interessiert, sondern 'das zugleich das Interesse 
Frankreichs unld Englands, ja den ganzen Rest Euro 
pas und der Welt im gleichen Maße angeht; daß es 
sich nicht nur um ein innerpolitisches Problem han 
delt, sondern um eine Frage der auswärtigen Politik, 
die im höchsten Maße auf 'die Entwicklung (der Ge 
schicke Europas nach dem Kriege einwirken wird. 
Es wirld niemand leugnen wollen, idaß zum Beispiel 
die Demokratisierung Deutschlands nicht nur eine 
innerpolitisohe Angelegenheit des deutschen Volkes ist, 
sondern daß damit die geschichtliche Entwicklung 
aller Nationen verbunden ist. Dasselbe gilt von der 
Demokratisierung Oesterreichs. Der Unterschied je 
doch besteht (darin, daß Deutschland in seinem homo 
genen *) Aufbau im Uebergang zur Demokratie sofort 
sein Gleichgewicht findet. Die staatliche Struktur 
Deutschlands als nationaler Staat birgt in sich keine 
Elemente, die eine Demokratisierung unmöglich er 
scheinen lassen, während für die Demokratisierung 
der österreichischen Länder die Vorbedingung ein 
Auflösen des Staatsganzen in seine ethnischen Ein 
heiten ist. Einige Beispiele sollen an dieser Stelle 
genügen, um das Bilid zu klären. Angenommen, die 
österreichische Reiehshälfte entschlösse sich für eine 
Autonomienpolitik: dies hätte zur sofortigen Folge, 
daß die Kroaten in Ungarn die Vereinigung mit ihren 
Stammesgenoissen in Oesterreich anstreben würden, um 
dieselben Rechte zu erlangen; angenommen, daß nach 
schweren Kämpfen auch das zustande käme, wer 
könnte die Serbo-Kroaten daran hindern, ihre ethnische 
Vereinigung mit Serbien anzustreben, dessen Konsti 
tution sicher dem Volkscharakter mehr entspräche 
als die Ausgleicbsmaßregeln, die Oesterreich gezwun 
gen wäre anzuwenden, ohne irgend ein Teil voll 
kommen befriedigen zu können. Dasselbe gilt für die 
italienischen Landesteile, deren Automomiebestrebun- 
gen immer auf den hartnäckigen Widerstand der 
Anderssprachigen, die in denselben Kronlänldern mit 
*) Ausgenommen natürlich Elsaß-Lothringen, die Polen und 
die Dänen.
	        
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