Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

139 
1793 nicht mehl* von Rom, sondern von Paris. Nicht 
mehr die universale Autorität ist ihr Ideal, sondern 
die universale Freiheit, die Oesterreich vom ersteu 
Anfang an zu knebeln bestrebt ist, weil sie in erster 
Linie mit dem verzopften österreichischen Hofrats- 
Christochinesentum aufzuräumen gewillt ist. 
Man weiß, daß die Panslavistenhetze Wilhelm I. 
bitter geschmerzt hat, richtete sie sich doch gegen 
seinen Freund und Neffen, Alexander II. Aber Bis 
marck übernahm die Idee der Pragmatischen Sank 
tion, wie er die konterrevolutionären Ideen der Heili 
gen Allianz und Metternichs übernahm, und das 
„Kultur-nach-Osten-Tragen“ unter dem Vorwand der 
panslavistischen Gefahr lieferte den phraseologischem 
Ueberbau für die Germanisierungsinteressen! in Oester 
reich und im Orient. In Deutschland selbst erhoben 
sich dagegen vereinzelte Stimmen. So war z. B. der 
Philosoph des Unbewußten, Ed. v. Hartmann, für ein 
slawisches Oesterreich. Aber die ganze pangermanistL 
sehe Sozialdemokratie von Lassalle über Wilhelm 
Liebknecht bis zu Bebel und Lensch verlangte den 
„Wall bis zur Adria“ gegen das Slawentum. Die päpst 
liche und die revolutionäre Universalidee sollen er 
setzt werden von der Hohenzollerschen. Systematisch 
bestärkt man den Deutsch-Oesterreicher in seiner „an 
gestammten“ politischen Führerrolle, und auch der 
alte Friedensgedianke der Pragmatischen Sanktion 
taucht wieder auf. In der Ueberzengung, daß Habs 
burg gerade durch seine „bindende“ Macht berufen 
sei, der Welt den Frieden zu erhallten, leistet man sich, 
den schlechten Scherz von dem im österreichischen 
Staatsproblem konzentrierten europäischen Friedens 
problem. Die geistige und die wirtschaftsimperiali 
stische „Kulturmission“ verbinden sich, wobei man 
unter Kultur, wenn man jetzt Ueberwindung des 
Oriental'ismus sagt, bismarckisch-neüdeutsche Kultur, 
Bureaukratie und Offiziersdrill versteht. Und Voraus 
setzung ist die „Ueberlegenbeit“ dieser mitteleuro 
päischen Kultur: Statt Spiritualismus Arroganz. Hin- 
denbürgerliche Pastoralsymphonie an Stelle des nach 
dem Jenseits gerichteten Habsburger Kreuzzügler-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.