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spielungen auf diesen Brief sollte nun der junge
Kaiser an die Wand gedrückt, zum Schweigen gebracht,
mundtot und wehrlos gemacht werden. Czernin, ohne
hin durch den scharfen Depeschenwechsel des Kaisers,
der ihn nie recht liebte, stark verbittert, gab sich über
Tiszas Drängen zu der Intrige her, die Briefaffäre in
direkt aufzurollen, doch nur soweit, als sie wie eine
Drohung über dem Haupt des eigensinnigen jungen
Kaisers gehalten würde. Denn Tisza und Czernin
waren überzeugt, Poincare werde bei einem noch so
scharfen Angriff Czernins auf Clemenceau niemals
die Veröffentlichung des Kaiserbriefes gestatten, um
nicht alle Brücken nach Wien abzubrechen. Eben
darauf rechneten die beiden Herren, um den Kaiser
einzuschüchtern.
In Wien eingetroffen,, beeilte sich Czernin, ohne
sich auch nur vorher beim Kaiser zu melden, die nun
mehr berüchtigte Ke de vor einem bestellten Audi
torium von Vertretern der Stadt von Stapel zu lassen.
Aber Tisza und Czernin hatten einen stärkern als sie
beide zusammen gefunden: Clemenceau, der, um Bis
marcks Wort zu gebrauchen, nicht gewohnt ist, „sich
in die Schüssel spucken zu lassen“. Er veröffentlichte
den Kaiserbrief im Wortlaut und brach damit dem
Grafen Czernin, der auf Geheiß Tiszas seinen eigenen
Kaiser kompromittiert hatte, das Genick.
Das weitere ist bekannt. Czernin mußte gehen.
Aber in der Wiener Hofburg kennt man sämtliche
Einzelheiten des Komplotts Tisza-Ozernin aufs ge
naueste.
TIRPITZ
von Wehrwolf.
(Nummer 59, 3. November 1917.)
Geschäftig sah man ihn auf der Bunldesratsestriade
sich herum treiben. Bald diesem, bald jenem drückte
er die Hand und sagte ihm etwas Verbindliches —
aber bitte, ganz unverbindlich. Dem Sous-Chef des frei
sinnigen Generalstabes, dem Dr. Müller — dem von