Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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spielungen auf diesen Brief sollte nun der junge 
Kaiser an die Wand gedrückt, zum Schweigen gebracht, 
mundtot und wehrlos gemacht werden. Czernin, ohne 
hin durch den scharfen Depeschenwechsel des Kaisers, 
der ihn nie recht liebte, stark verbittert, gab sich über 
Tiszas Drängen zu der Intrige her, die Briefaffäre in 
direkt aufzurollen, doch nur soweit, als sie wie eine 
Drohung über dem Haupt des eigensinnigen jungen 
Kaisers gehalten würde. Denn Tisza und Czernin 
waren überzeugt, Poincare werde bei einem noch so 
scharfen Angriff Czernins auf Clemenceau niemals 
die Veröffentlichung des Kaiserbriefes gestatten, um 
nicht alle Brücken nach Wien abzubrechen. Eben 
darauf rechneten die beiden Herren, um den Kaiser 
einzuschüchtern. 
In Wien eingetroffen,, beeilte sich Czernin, ohne 
sich auch nur vorher beim Kaiser zu melden, die nun 
mehr berüchtigte Ke de vor einem bestellten Audi 
torium von Vertretern der Stadt von Stapel zu lassen. 
Aber Tisza und Czernin hatten einen stärkern als sie 
beide zusammen gefunden: Clemenceau, der, um Bis 
marcks Wort zu gebrauchen, nicht gewohnt ist, „sich 
in die Schüssel spucken zu lassen“. Er veröffentlichte 
den Kaiserbrief im Wortlaut und brach damit dem 
Grafen Czernin, der auf Geheiß Tiszas seinen eigenen 
Kaiser kompromittiert hatte, das Genick. 
Das weitere ist bekannt. Czernin mußte gehen. 
Aber in der Wiener Hofburg kennt man sämtliche 
Einzelheiten des Komplotts Tisza-Ozernin aufs ge 
naueste. 
TIRPITZ 
von Wehrwolf. 
(Nummer 59, 3. November 1917.) 
Geschäftig sah man ihn auf der Bunldesratsestriade 
sich herum treiben. Bald diesem, bald jenem drückte 
er die Hand und sagte ihm etwas Verbindliches — 
aber bitte, ganz unverbindlich. Dem Sous-Chef des frei 
sinnigen Generalstabes, dem Dr. Müller — dem von
	        
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