Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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wahrscheinlich, daß diese zunehmende Menschemver- 
finsterung, die den Erdball in Kummer und Schrecken 
und unsägliches Grauen hüllt, mit dem Abbruch eines 
erstaunlichen, unbeschreiblichen Tages enden wird; mit 
der Verwunderung der Menschen, wenn sie einander 
endlich zum ersten Male wirklich verstehen, von Lon 
don bis zum äußersten Thule, vom den Zonen und Ge 
staden der Erde bis zu den entlegensten Gebieten 
der Seele. Wahrscheinlich werden die Nationen, an 
der Hilfe von Lehrern und Regierenden verzweifelnd, 
und in der Erkenntnis, daß die Gesellschaft auf den 
schlechtesten Grundlagen beruhe, sich entschließen, 
nun einmal das Beste zu versuchen und so gegen die 
Völkengemeinschaf t hinzulenken. 
Die gegenwärtige Weltverfassung, das weiß ich 
wohl, scheint ein solches Versprechen zu diskredi 
tieren, eine solche Wahrscheinlichkeit in Abrede zu 
stellen. Die menschlichen Dinge sind mir nicht un 
bekannt; ich habe gesehen, was vor sich geht: was 
sich für gesellschaftliche Ordnung gab, ist für immer 
dem Verfall geweiht; ich habe das Zerbröckeln der 
Mauern verfolgt; inmitten des sittlichen und mate 
riellen Einsturzes habe ich gearbeitet und das Leiden 
durchforscht. Und jetzt, an einem der wimmelnden 
Kreuzwege Europas, sehe ich auf eine verblendete, 
eine infolge des Krieges, der sich der Kontrolle der 
Sterblichen entzogen hat, fast wahnsinnige Welt; auf 
eine überschwemmte und betäubte, eine durch alle 
Grenzen übersteigendes Elend beinahe verdummte 
Welt. Eine Welt, die zu diesem Mahl der Schmerzen, 
dieser Orgie des Todes zusammengerufen wurde von 
der verborgenen Macht, durch die böswilligen und 
geheimnisvollen Ränke einer ungeheuerlichen Finanz, 
welche die Nationen umgarnt und vergewaltigt und 
hierin alle nur denkbaren politischen Künste in den 
Schatten stellt; und diese Finanz, die sich das panger- 
manistische Programm zu eigen macht, ist zudem ver 
bündet mit einer andern, noch dunkleren und geheim 
nisvolleren Macht — einer Macht, die beteiligt ist an 
der Versklavung und Ausbeutung der Seelen. Alles 
das sehe ich wohl und noch mehr. Aber gleichwohl,
	        
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