Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

Streben nach der militärischen Methode des natio 
nalen Schutzes ein Irrweg gewesen ist, 'der so schnell 
wie möglich verlassen und durch die „synthetische“ 
Methode statt der analytischen Methode, das heißt 
also durch Verständigung, Kompensation, Föderation, 
an Stelle der Maohtkonkurrenz ersetzt werden muß. 
Vor kurzem wurde in deutschen Zeitungen Alarm 
geschlagen, daß England sich an der Küste der bal 
tischen Ostseeprovinzen festsetzen wolle. Wahrschein 
lich würde niemand in England an solche Garantien 
gedacht haben, wenn nicht von unseren annexionisti- 
schen Kreisen unablässig der Besitz der flandrischen 
Küste als Garantie gefordert worden wäre. Sieht man 
nun vielleicht, wohin all dies ganze Garantiestreben 
führt? Daß jede Mine ihre Gegenmine, ja vielleicht 
sogar ein ganzes Feld von Gegenminen hervorruft? 
Selbst wenn England niemals an eine Position in der 
Ostsee gedacht hat oder denken wird, so ist doch klar, 
daß eine deutsche Besetzung der flandrischen Küste 
sehr wahrscheinlich dazu führen würde, 'daß die all 
gemeine Wehrpflicht in England nicht wieder abge 
schafft, sondern weiter ausgebaut würde: eine große 
Reihe von Freiheiten im britischen Weltreich, die uns 
früher bewilligt waren, würden auf Grund jener gegen 
England gerichteten Drohung nicht wieder hergestellt 
werden, ganz abgesehen von den Garantien, welche 
die andern Mitglieder 'der Entente gegenüber solcher 
deutschen Machtverstärkung ausbauen würden. Das 
Ende unserer flandrischen „Garantie“ also würde nur 
sein, daß unsere eine Garantie durch die Gegen 
garantien der andern nicht nur wettgemacht, sondern 
sogar übertrumpft werden würde. 
Es ist eines der allerunbegreiflichsten Dinge im 
gegenwärtigen Deutschland, daß es gerade den gebil 
deten und einflußreichen Kreisen unseres Volkes, die 
sich fortwährend auf den Wirklichkeitssinn berufen, 
anscheinend immer noch an der einfachsten Fähigkeit 
gebricht, sich in die Tatsache hineinzuleben, daß der, 
der in der Mitte sitzt, nicht nach Macht, sondern nach 
Recht schreien und der Welt das Beispiel des Rechts 
willens geben muß, wenn er nicht eines schönen Tages 
283 
- -■ ----- 
WZ7:t, 
^
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.