Volltext: Almanach der Freien Zeitung (1918)

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sitzt. Die persönliche Freiheit jedes serbischen Bür 
gers sowohl als sein Leben hängen vollkommen und 
ausschließlich von der Willkür jedes bulgarischen 
Polizeiagenten, jedes bulgarischen Gendarms ab. Die 
Prügel, die den Männern, den Frauen, den Kindern, 
den Greisen gegeben werden, sind noch zahlreicher an 
der Tagesordnung als auf dem österreichisch-ungari 
schen Gebiet. Die Greise, die über sechzig Jahre sind 
(und zwar nicht nur in den Dörfern, sondern auch in 
den Städten) erhalten fünfundsiebzig Stockhiebe, wenn 
sie einen Gendarm nicht gegrüßt haben. Eine Frau, 
deren Haus von einem bulgarischen Offizier bewohnt 
wird, der ; selbstverständlich seine Besitzerin nicht 
zahlt, erhält fünfundzwanzig Stockhiebe, wenn der 
Offizier die Empfindung hat, daß die Decke auf seinem 
Tische nicht so schön ist, als die seiner Besitzerin. 
In großer Anzahl werden die Serben, die man in 
Serhien nicht zu töten vermag, nach Kleinasien trans 
portiert. Ganze Familien Westserbiens, Frauen, Kinder 
und Greise werden mit Gewalt aus ihren Häusern 
geholt und nach Kleinasien verschleppt. Und zwar 
ist das keine persönliche und individuelle Bestrafung, 
sondern ein ganzes System, das einer bestimmten Poli 
tik entspricht. Man will zuerst aus diesem Teil Ser 
biens alle Elemente ausfübren, die fähig wären, natio 
nalen Widerstand zu leisten, und sie ausrotten, um 
nachher die Bulgarisierung des Rests der Bevölkerung 
zu- beginnen. Diese Entnationaliserungsprozeduren, 
welche die Bulgaren den Türken entliehen haben, kön 
nen nur ein Resultat haben: die barbarische Ausrot 
tung der unschuldigen und unbeschützten serbischen 
Bevölkerung. Zahllose serbische Familien, die unter 
diesen entsetzlichen Umständen nach Kleiniasien ge 
schleppt wurden, sind ausnahmslos zu sterben ver 
urteilt. In Wirklichkeit sind diese Deportationen nichts 
als Massenhinrichtungen von Serben, die denen gleichen, 
die von Abdul Hamid gegen die Armenier organisiert 
worden waren. 
Die Revolte, die im März dieses Jahres in Süd- 
und Ostserbien stattfand, besonders auf dem bulgari 
schen Territorium, hat den bulgarischen Behörden
	        
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