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sitzt. Die persönliche Freiheit jedes serbischen Bür
gers sowohl als sein Leben hängen vollkommen und
ausschließlich von der Willkür jedes bulgarischen
Polizeiagenten, jedes bulgarischen Gendarms ab. Die
Prügel, die den Männern, den Frauen, den Kindern,
den Greisen gegeben werden, sind noch zahlreicher an
der Tagesordnung als auf dem österreichisch-ungari
schen Gebiet. Die Greise, die über sechzig Jahre sind
(und zwar nicht nur in den Dörfern, sondern auch in
den Städten) erhalten fünfundsiebzig Stockhiebe, wenn
sie einen Gendarm nicht gegrüßt haben. Eine Frau,
deren Haus von einem bulgarischen Offizier bewohnt
wird, der ; selbstverständlich seine Besitzerin nicht
zahlt, erhält fünfundzwanzig Stockhiebe, wenn der
Offizier die Empfindung hat, daß die Decke auf seinem
Tische nicht so schön ist, als die seiner Besitzerin.
In großer Anzahl werden die Serben, die man in
Serhien nicht zu töten vermag, nach Kleinasien trans
portiert. Ganze Familien Westserbiens, Frauen, Kinder
und Greise werden mit Gewalt aus ihren Häusern
geholt und nach Kleinasien verschleppt. Und zwar
ist das keine persönliche und individuelle Bestrafung,
sondern ein ganzes System, das einer bestimmten Poli
tik entspricht. Man will zuerst aus diesem Teil Ser
biens alle Elemente ausfübren, die fähig wären, natio
nalen Widerstand zu leisten, und sie ausrotten, um
nachher die Bulgarisierung des Rests der Bevölkerung
zu- beginnen. Diese Entnationaliserungsprozeduren,
welche die Bulgaren den Türken entliehen haben, kön
nen nur ein Resultat haben: die barbarische Ausrot
tung der unschuldigen und unbeschützten serbischen
Bevölkerung. Zahllose serbische Familien, die unter
diesen entsetzlichen Umständen nach Kleiniasien ge
schleppt wurden, sind ausnahmslos zu sterben ver
urteilt. In Wirklichkeit sind diese Deportationen nichts
als Massenhinrichtungen von Serben, die denen gleichen,
die von Abdul Hamid gegen die Armenier organisiert
worden waren.
Die Revolte, die im März dieses Jahres in Süd-
und Ostserbien stattfand, besonders auf dem bulgari
schen Territorium, hat den bulgarischen Behörden