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MENSCHEN / BÜCHER / ZEITSCHRIFTEN
Ühr wofft es nicht gewesen sein
ihr Geistesmetzger vom August 1914. Jahrelang habt ihr von Menschenblut
gelebt, ihr wart Vortänzer der Kriegsmusik, ihr triebt Handel mit schmach
voll erzwungenem Soldatenlied, ihr, Herolde der Gewalt, söget aus jedem
Tagesbefehl eurem Dasein die Erzählung, das Drama, die Betrachtung, das
Gedicht vom (historischen, lebenden, künftigen) Heereshelden. Jetzt, im vierten
Kriegsjahr, leugnet ihr. Und jeder Schreier kleiner Reformen, die ihm längst
alle Regierungen vorgeschrien haben, bläht sich plötzlich als Völkerfreund.
In welcher Zeit lebten wir, daß die Geschöpfe, denen Vernunft gegeben
war, öffentlich die Stimme zu erheben, daß die dem Weltmord der Vernunft
Beifall schrien! daß sie durch die Straßen rasten und klingende Sätze auf
den gemordeten Menschen schmissen. Die gerade, denen ihre öffentlich ge
übte Vernunft aufgegeben hatte: brüderlich feste zu stehen; fest zu stehen
zum Geist, gegen die Gewalt.
Ihr wollt es nicht gewesen sein. Es soll, auf einmal, da euer Blutspiel
verloren ist, nicht mehr wahr sein. Aber das brutale Leugnen hilft nicht. Da
hilft nur die Tat. (Bei euch selbst, nachts im schlaflosen Zimmer oder in un-
versehenen Träumen werdet ihr euer Leben lang euch rechtfertigen müssen vor
Millionen Toter, gegen deren Abschlachtung ihr nichts einzuwenden hattet.)
Ihr werdet so lang leugnen, bis ihr nie mehr vergessen könnt. Aber wir andern,
wir außer euch, die wir Ekels voll sind vom Gericht über euch: Wir können
auch vergessen. Eure Tat zu unserm Vergessen: Setzt auf eure Schande das
Bekenntnis der Schande. Sprecht, denen Langmut noch die öffentliche Stimme
ließ, offen aus, wie man euch betrog, und wie ihr — Händler sogar des Be
trugs — weiter betröget.
Kein Schwindel mehr mit Hinkeformen. Fordert Alles. Die Unbedingtheit,
von der ihr wißt.
Oder: auch jetzt noch bangt ihr um das Geschäft. Aber dann hütet euch.
Die Gemeinschaft der Zukunft wird, selbst an ihren leichtsinnigsten Sonntagen,
keine Kletteraffen mehr brauchen.
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