Volltext: Zeit-Echo (3(1917), August-September)

Unschuldige kommen — wie du weißt — selten vor. Exzessive Fälle. 
Was gibt dir immerhin diese Begebenheit zu denken? 
Vas ? 
Wir alle sind schon beflügelten Gemütes ausgezogen mit dem Wunsche, 
unser Leben durch Einkauf von Brauchbarem oder Schönem zu bereichern. 
Um dann in Kürze nach Zusammenstößen mit Habsucht, Betrügerei, 
Gleichgültigkeit, unsere erblaßten Wünsche nebst stiller Hoffnungslosig 
keit zurück zu tragen. Wir alle sind aber auch schon durch das gütige 
Lächeln eines Ladenfräuleins, durch die wirkliche Freundlichkeit eines 
klugen Verkäufers erfrischt und gerührt worden. Die wohlverschanzte 
Macht Alltag ist wert, mit Liebeswaffen bezwungen zu werden. Alltag 
wird grau genannt — warum? Abwechslung von Ruhe und Tat ist 
Menschen nötig. Gräue bedeutet Leere. Ruhe ist nötig — Leere nicht. 
Leere ist Armut und schlechte Gewohnheit. Warum liebt ihr das himm 
lische Abenteuer so wenig? Laßt euch doch nichts vormachen, — alles 
Liebe und Schöne ist uns möglich! Der Teufel ist unendlich dick und 
bewegt sich ungerne (der Teufel unserer Zeit). Während er leise, aber 
befehlshaberisch behauptet, daß es ihn nicht gibt, — streichelt er seine 
schauerlichen Haustiere, die er kosend Indifferentia, Paralyschen und 
Immerweiterwurstel nennt. Lieben wir ihn doch! Wenn er selbst nicht 
daran denkt, denken wir doch daran, daß er der schönste unter den 
Himmelsrittern war. Es gibt allerdings keinen Teufel — nur einen Engel 
mit Mißverständnis, es gibt keinen grauen Alltag, nur Gefühlsfaulheit. 
Liebe ist für Alltag; für alle Tage, alle Stunden, alle Minuten. Die 
nicht zu mißverstehenden Ereignisse um uns sollten es doch nachdrücklich 
genug gezeigt haben. Liebe ist nicht nur eine Angelegenheit für Feier 
tage und Schaltjahre, sondern, gerade so wie Freiheit, die kontinuierliche 
Jubelmöglichkeit zum An- und Umbau deines Innen- und Außenalltags, 
lieber Ganztoter, Halbtoter, Lebendiger! Die Liebe muß in den Alltag 
einziehen, von unseren wirklichen und herzklopfenden Bitten geleitet. 
{Eine schnelle Folge hievon; daß die sogenannte Kunst nur noch in Ver 
bindung mit dem Leben, mit dem Lebendigen, möglich ist, und nicht 
ein von allem Wachstum losgelöstes Dasein von mehr oder weniger sprü 
hender Sterilität führen kann. Von da geht auch erst die Möglichkeit aus, 
die Gesetzmäßigkeit zu erobern, die bisher verschleiert war. Lebendige 
und Tote werden gerichtet werden können auch vor den Augen der noch 
Unfühlenden.) 
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Menschen können und müssen zu
	        
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