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Häuserungetüme biegen sich und schütteln manchen Selbstmörder
ab. Kathedrale, purzelt nach links in die Landschaft hinein. Kein Ge*
wimmer! nur Gestank strömt auf aus den Nachtlagern zahlloser
Lüsterner. Warum verdunkeln soviel Zeppeline den Mond? ! ! Da
klatscht einer auf die Dächer hinab. Menschenbrei rinnt auf meinen Hut.
Durch solche Nächte werde ich geschleift! Meine Seele umflattert
meine Farben. Auf der Spitze des Pinsels lächelt die Seele und singt
mit dem Wogenchoral meiner Pastosen Wälder. Hitze umbrandet
mich,- heiße Gesänge wollen aus mir heraus/ eine furchtbare Gewalt
rumort in meiner Brust.
Da kommt mir ein Tag in den Sinn: September-Nachmittag, du
warst mein! Ein Patzenhofer Wagen fuhr die milde Chaussee entlang.
Der Diebe oben johlte mit dem Winde. Eine Sonne ohne Radau schien
auf zaebige Vorstädte, und ich drüebte mich an Drahtzäunen hin, zag
und Schluchzer um Kinn und Nase.
Damals war ich ein junger Maler und arm. Meine Inbrunst zitterte
um denMaggi-Snppentopf, und das kärglichsteMahl machte mich mut
los, anämisch und dumm. Ich zeichnete Fabrikessen im Sonnenschein.
Saß am Straßenrand und zeichnete auf Sechserpapier melancholischen
Rauch, der aus Fabrikessen floß. Die Abende jahrelang in übelriechen
den Lesehallen. Da ich mich krumm zersaß und Kunstjournale
hastend zerfaserte, da ich bei idiotischem Lampenschein immer
wieder dieselben Plattheiten las — — hat kein steiles, rauschvolles
Blühen die Nächte geschwellt. Ich war verlassen, zerstoßen, geduckt
und hoffnungslos in Hirn und Gedärm. Das kleine Tagebuch, das
ich behutsam jeden Abend mit meinen winzigen Erlebnissen voll
schrieb, berichtet von den verborgenen Qualen, die eine Maler-Stube
bergen kann. Nie hatte ich Farben. Die Pfennige reichten nicht dazu.
Mittwoch und Sonnabendnachmittag durchwanderte ich immer Stra
ßen, die zum Wochenmarkt führten. Da fand ich Karotten, Kartoffeln
und Früchte, die den Hausfrauen-Netzen entglitten waren, und idi
füllte meine Taschen damit. Suchte ich fleißig, so ward mir ein reich*