ALFRED LICHTENSTEIN <f>:
SOLDATENLIEDER
I.
Gut ist und schön, ein Jahr Soldat zu sein.
Man lebt so länger. Und man freut sich doch
Mit jedem Funken Zeit, den man dem Tod entreißt,
Dies arme Hirn, zerfetzt von Städtersehnsucht,
Blutig von Büchern, Leibern, Abenden,
Trostlos betrübt und aller Sünden voll,
Dreiviertel schon zerstört — kann nun
Beim Stillestehn und beim Aufmarschieren,
Beim Armerollen und beim ßeineschwingen
In einer Ecke des Schädels sanft verrosten.
O, der Gestank in einer Marschkolonne.
O, Laufschritt über helles Frühlingsland.
II.
Ich muß eine Stunde vor den anderen kommen
Weil ich schlecht geschossen habe.
Ich werde wohl nicht befördert werden.
Und Nachexerzieren muß ich zur Strafe,
Weil ich, während die anderen vorschriftsmäßig
Starr auf die Mütze des Vorderen blickten,
Als wir vor der roten Sonne
Über die leuchtenden Felder marschierten,
Vorsichtig zu dem kleinen Fliegen schielte,
Der über mir in dem großen, glühenden
Abendhimmel wie eine Biene summte.
III.
Ich weiß, ich weiß: dies Leben ist gesund,
Zwar hörte man meine Griffe kaum,