Volltext: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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Doch sieht er jetzt, es kreist auch über jenem Seher 
Hin Adler hoch und herrlich, ohne jemals zu erlahmen. 
Wie stolz er fliegt! Er kommt der Erde nimmer näher 
Und scheint beinah Planetenbahnen nachzuahmen. 
Von seiner Seelenhöhe selbst, beim Flug, getragen, 
Läßt er uns fast sein tiefes Wesenrätsel deuten, 
Doch niemand wird ihn wohl nach Sein und Herkunft fragen, 
Denn es genügt, was selbstverständlich ist, den Leuten. 
Das Ungefüge will, daß man es sich erkläre, 
Und Du erkennst an stummer Ruhe leicht das Tiefe: 
Zwar zischelt und verrät sich uns die Wut der Meere, 
Doch tuts der Sturm, und nicht die See, die lieber schliefe! 
So wird auch Orpheus jetzt vom andern angesprochen. 
Wer weiß, ob seinem Wesen stark danach verlangte, 
Wahrscheinlich ist, daß ihm in langen Trauerwochen 
Nach einem Wort aus fremdem Munde bangte. 
Der Fremde spricht: »Allmächtig ist des Menschen Freude, 
Und bloß an ihr kannst Du die eigne Höhe messen, 
Drum bleibe unbedacht, frohlocke und vergeude 
Das innre Glück, das wir ureinzig nie vergessen. 
Die Erde ist ein schönes Weib mit vollen Brüsten 
Und unerschöpflich reich an Kraft und holden Reizen, 
Und ihre Nacktheit kann nur Lüstlinge entrüsten, 
Die ihr Vergnügen stets mit Sittsamkeiten beizen. 
Das sind die Wächter alter Staaten, die zerfallen, 
Die statt des Glückes nur ihr Greisentum beschützen 
Und stets von Nächstenliebe und Gesellschaft lallen, 
Als müßte jeder sich auf eine Krücke stützen.
	        
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