Volltext: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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Brooklyn. Vorher hatte er vielerlei Aufsätze, auch kleine und größere 
Novellen veröffentlicht. Während er Zimmermann war — aber 
nicht gerade durch die körperliche Arbeit, sondern durch die Muße,- 
man beklagte sich wohl in der Familie über sein vieles Spazierengehen 
und Herumliegen — kam das Neue über ihn: auf einmal und zu» 
gleich der neue Geist, die neue Form, und mit dem Unendlichkeits* 
gefühl auch der Unendlichkeitsstoff. Später, während des Krieges, ist 
er drei Jahre lang freiwilliger Krankenpfleger, wobei er den Kranken 
durch sein Geplauder und durch sein teilnahmsvolles schweigendes 
Bei*ihnen*Sitzen, durch seine Liebe und die suggestive Kraft seiner 
Person — alle seine Bilder zeigen, daß die Innigkeit, die Versunkenheit 
und die Mitteilsamkeit seines Wesens sich auch in seiner Leiblichkeit 
gestaltet hatte — am meisten Gutes tat. Eine Zeitlang bekleidete er 
dann einen untergeordneten Posten in einem Ministerium, wobei er 
der Maßreglung um seiner Gedichte willen nicht entging,- 1873 erlitt 
er den ersten Schlaganfall, war aber noch lange in starker geistiger 
Kraft tätig/ lebte von den Erträgnissen seiner Schriften und Unter* 
Stützungen des Kreises, der sich mehr und mehr an ihn schloß/ in 
Camden, New Jersey, ist er am 26. März 1892 gestorben. 
Im Alter von über dreißig Jahren also ist Whitman zu seiner Dichter* 
kraft gekommen,-was er vorher geschrieben, hat kaum eine Beziehung 
zu dem Wesen, das nun herauskam. Einer, der langsam reift und über 
den es dann noch mit vehementer Plötzlidikeit kommt, ist er. Das 
Vorwort, das er 1855 seinem Budie mitgab, vereinigt die Reife des 
Manns, der wie eingewachsen auf seinem Platze steht, mit der blut* 
jungen Hingerissenheit des Beginnenden. »Der reichste Mann ist der, 
der aller Pracht, die er sieht, Gleichartiges aus dem größeren Vorrat 
seines eigenen Selbst entgegenstellt.« Das ist seine erste Entdeckung, 
zu der erst später Einflüsse von Fichte und Hegel gekommen sind, 
während, wie Bertz in einem übrigens ungenießbaren Buch richtig zeigt, 
Emerson schon damals eingewirkt hat: daß der Mensch in seinem Ich, 
in seiner Geistigkeit die ganzeWelt trägt,- daß die Welt nur eine
	        
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