Volltext: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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das ententefreundliche Neutralien. Krieg auf und unter der Erde, ln 
Lüften, auf und in Wassern und in den sogenannten Seelen, wie sie 
sich auf gegnerischen Antlitzen so unselig spiegeln. 
Hastenpiep rief in den Saal: Auch ich nehme dieses wahr, wenn ich 
meine eigentliche Wahrnehmung gleichsam schielen lasse, wenn ich also 
ihre Einheitlichkeit in gewisserWeise mit sich selbst entzweie. Folg* 
lieh muß es doch möglich sein, euch wenigstens rein optisch meine 
Wahrnehmung beizubringen, wenn ich eure Augen in die normale Ver 
fassung der meinigen zwinge. Eu eurem Erstaunen wird euch dann 
evident werden, wie kriegerisch verzerrt und verschroben die Wahr 
nehmung einer Welt des Friedens selber werden kann. Eure Augen 
achsen konvergieren krankhaft, und das geht analog durch jeden eurer 
Sinne, durch euren Leib hindurch, in dem sich alles disharmonisch über 
kreuzt, überschielt. Bekanntlich stellen sich die Augenachsen Sterbender 
parallel ein. Sterbende schauen bis ans Ende der Unendlichkeit, bis 
an jenen Horizont, an dem ihr das »Ideal« imaginiert/ während in 
Wahrheit dort die Realität befindlich ist, und im Gegenteil eure ver 
meintliche Realität wahnschaffen, verwunschen, ideal, imaginär, mit 
einemWorte der schielendeWiderstreit mit sich selber, durch und durch 
dis-identisch ist. Meine verehrten Herren! Tiefes Nachdenken 
hat mich ein Mittel finden lassen, jedem beliebigen Mensdien wenigstens 
auf Minutendauer den Blick — wie soll ich sagen — einzu mas 
sieren, den ich permanent am Leibe habe. Das genaue Studium meiner 
sonderbaren Gehirnverwundung hat mich entdecken lassen, daß es sich 
dabei um gewisse Spannungsalterationen des Gehirns handelt, welche 
man sehr einfach durch einen gewissen mit der freien Hand auf die 
Schläfen auszuübenden Druck flüchtig herbeiführen kann. Festhalten 
allerdings läßt sich die flüchtig gewonnene echte Wahrnehmung nur 
von einem göttlich geläuterten Innern, einer absolut friedfertigen Seele/ 
ich verstehe natürlich unter Frieden keine Trägheit, sondern die sieg 
reiche Selbstüberwindung des Krieges, der also nur durch diese zwin 
gende Bändigung, nicht etwa <nach Art des dummen Pazifismus) über
	        
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