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schreien, wenn ein Franzose fällt, lieben wir nicht. Solange wir nicht
fühlen: ein Mensch, der uns nichts getan hat, fiel und starb, so lange
sind wir Wahnsinnige. Denn dieser Mensch, der fiel und starb, hat
eine Mutter, einen Vater, eine Frau, die vor Schmerz schreien. Ist
ein Mensch. Wollte so gerne leben. Und mußte sterben. Wofür?
Warum? Er mußte sterben, weil er nicht liebte. Und wir, seine Mörder,
ließen ihn sterben, weil wir nicht liebten.«
Robert machte während des Sprechens ganz kleine Bewegungen mit
der Hand, daß die weiße Serviette baumelte. Es war so schwer, auch
den anderen mitzuteilen, was man selbst fühlte und erkannt hatte.
Und dabei war das Ganze doch so einfach, so selbstverständlich.
Aber die Menschen hatten sich von der Selbstverständlichkeit weg*
gestellt. Sie hatten die Liebe einfach vergessen, wie man seinen Schirm
stehen läßt,
»Man braucht ja nur zu lieben, dann fällt kein Schuß mehr. Dann
ist der Friede da. Kinder sind wir dann auf unserer Erde... Der
ganze Erdteil weint. Daran merkt man doch, daß der Erdteil fähig ist
zur Liebe. Ganz hoffnungslos wäre erst dann alles, wenn Europa
lachen würde, weil ganz Europa blutet. Aber es gibt kein Haus in
Europa, in dem nicht die Tränen fließen. Das ist die Liebe, die aus
den Menschenaugen heraus weint, weil sie vertrieben worden ist aus
den Herzen der Menschen.«
»Was tut ihr, wenn jetzt im Augenblick ein euch fremder Mensch
in den Saal hereintritt und einem von euch, den er nie gesehen hat,
das Bajonett in den Leib stößt? Ihr würdet den Wahnsinnigen nicht
begreifen. Genau dasselbe tun eure Männer und Söhne/ auch sie
stoßen Männern und Söhnen, die sie nie gesehen haben, das Bajonett
in den Leib/ daß der Durchstoßene aufschreit, sich krümmt und fällt.
Was hat er eurem Sohne getan?Und was hat euer Sohn dem getan,
der ihm das Bajonett in den Leib stieß?... Habt ihr euch schon einmal
vorgestellt, auf welche Weise euer junger Sohn, der so gerne, ach so
gerne noch hätte leben mögen, sterben mußte?... Mädchen, vergegen*