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WALTER SCHOCKING <MARBURG>:
DEUTSCHLAND IM HAAG
Die deutsche Presse ist nicht müde geworden, die ablehnende)Haltung
des Deutschen Reiches auf dem zweiten Haager Kongreß als einen
großen diplomatischen Erfolg hinzustellen, und unsere Reichstagsboten
sind ihr gefolgt. Wer aber durch Augenzeugen einmal erfahren hat,
wie fast die gesamte deutsche Presse in bezug auf auswärtige Politik
mittags zwischen 11 und 1 Uhr in der Wilhelmstraße gespeist wird,
wird dieser Tatsache kaum irgendwelche Bedeutung beilegen können.
Wohl hat die deutsche Presse, ebenso wie das Weißbuch der Regierung
für den Reichstag, den Lesern alle Gründe vorgetragen, die der deutsche
Delegierte Freiherr v. Marschall gegen das Projekt des obligatorischen
Weltschiedsgerichts vorgebracht hat/ wohlweislich aber hat man den
Lesern verschwiegen, daß diese Gründe juristischer Natur nach dem
ausführlichen Bericht des Belgiers Guillaume für den Kongreß, der einen
ganzen Folioband füllt, in den wichtigsten Punkten völlig widerlegt
sind, ohne daß der deutsche Delegierte deshalb seine Stellung geändert
hätte. Gewiß hatte trotzdem der Weltschiedsgerichtsvertrag einige
Schwächen, aber es handelte sich weniger um die materielle Wertung
des vorgeschlagenen Vertrages, als um die Anerkennung eines Prin-
zips von ungeheurer Kulturbedeutung/ und selbst wenn man mit Recht
den Weltschiedsvertrag wegen seiner Unvollkommenheiten für einen
bloßen Schein halten könnte, so würde von solchem Scheine immer
noch das kluge Wort Zorns zu gelten haben, daß auch darin eine be-
deutungsvolle Wahrheit liegen kann, nämlich »die Verbesserung
der internationalen Luft und des internationalen Lebens«,
die durch solches Nachgeben gegen weit verbreitete und stark sich
geltend machende Strömungen gewonnen werde. Leider sei solchen
Erwägungen wohl der Soldat, aber nicht der Bureaukrat zugänglich.
Vergegenwärtigen wir uns, daß es sich bei der Frage des obligato
rischen Schiedsgerichts nach den Worten Zorns »um das große