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PAUL ADLER-,
AN DIE HERRSCHER
Hört, ihr Könige, Herrscher der Menschen! ihr Fürsten und die Zaren,
hört ein Wort! Haltet ein, alle Unentwegten, vor dem Wort, das euch
am Mantel faßt!
Seid ihr denn Männer, ans Hören gewohnt? Richter mit dem Ohr
in der Menge, wo immer sie klagt? Seid ihr Arbeiter, die zuvor an
sehn, was sie anfassen? Oder seid ihr Befehlshaber, Frager ohne Ant
wort, gewandt in jenen Reden, die feststehn? Und Angeredete, die
zwischen Ernstsalve und Festsalve nur den toten Laut hören, den
feigen und leeren Widerhall?
Ihr Könige, ihr Befehlsträger, ihrVorträger auch im Rate! Ihr Reichs
tage, und Sprecher, und Dumen, und wie ihr alle heißt: Wortkönige
seid ihr: Solche, die das Wort führen, das nicht geführt werden, son
dern vom Herzen kommen will. »Wes aber das Herz voll ist« <und
sei's in Röcke gepreßt), »des läuft der Mund über.«
Ihr Thronenredner, lange schon nennt ihr euch die Redner gemeinen
Mannes. Habt ihr in seinem Rate gesessen, habt ihr ihm auf den Mund
gesehn, wie Luther spricht? Seid ihr bei ihm umhergegangen wie
der Märchenkalif, wie der Josef der kaiserlichen Legende? — Immer
nur seid ihr ihnen gegenwärtig in der gleichen Haltung, dem Rahme
immer gleich, der sich von der Milch scheidet. Vertrauen, wann durftet
ihr es erwerben? Vertrauen, wie es Mensch dem Menschen schenkt?
<Ihr kennt die Stimmen ~ Ja — so, wieans Ohr der Wind schlägt: Ge
räusch ohne Seele, Geräusch, das tags in den Straßen entsteht, so oft
das Wetter umschlägt.) — Nun geht doch, sammelt die Stimmen, be
fraget nach dem Alphabet! Befragt ohne Henker und Zuchthaus im
Rücken, und, ihr Fürsten, sollet ganz andre Worte hören!
Ist es denn erst seit gestern, daß wir diese Worte kennen? Wir, die
nicht sprechen, aber dafür hören dürfen? Nicht seit gestern, ihrMän-