Volltext: Veröffentlichung der November Gruppe (1(1921))

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übrigen Welt 
— ausgenommen vielleicht die Wolkenkratzer New-Yorks 
Gebausel fabriziert, und wie stolz man auf sie ist. 
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Die Veroneserin ist 
schöne Frau: Füsse und Knöchel und Hände 
Schlankheit 
Mädchen mit dem Streifen lichtblauen Stoffes in dein Blondhaar 
flochten 
das möchte ia alles 
wenn du nur nicht 
krumme Beine hättest 
Ich habe 
Italien keine Frau 
schiefen Absätzen gefunden, aber in Deutschland 
grassiert der Wandervogel 
der weibliche 
noch schöner 
der männliche, weil 
Holzperlen schöner sind 
Schillerkragen 
und so „blühert 
durch die Lande 
Wogegen die Italienerin viel, sehr viel Schminke 
In Verona hat man sich das Hinaufschauen abgewohnt, weil es auf dem Perfhes- 
Schen Atlas in der Lombardischen Tiefebene liegt. Es gibt auf der Piazza Erbe neben 
der Verona sehr viele Marktweiber, 
unter grossen flachen Schirmen himmlische 
Dinge feilhalten: gesottene Birnen, Kastanien, Kakis und grosse, süsse 
o freue dich 
deutsches Gemüt 
Kartoffeln, aber süsse, und nur mal so zum Pläsier, nicht von 
wegen einziges Volksnahrungsmittel; aber weiter, da gibts aus Blätterteig die schönsten 
Dinge, auch in ©1 gesottene Fische und Gebackenes, dass es nur so eine Art hat, und 
Sonntags, um Mitternacht, 
kann man auch noch kaufen 
preussische Polizei 
ordnung hat hier nichts zu gebieten. Jeder kocht und brät für wen und wann es ihm 
Spass macht, man sagt, im Völkerbund sei's ebenso. 
Verona — Venedig. Sollte man nun nicht doch poetisch werden? Nein — Venedig 
ist zu gut dazu. Werde man erst einmal jeden Morgen von sechs Uhr ab von den 
zwar melodischen, doch unentwegt nervendiokerzeugenden Stimmen der Zeitungs 
verkäufer verfolgt, dann kann man wohl die Gondoliere und Sancfa Lucia vergessen. Kein 
Volk der Erde kann so brüllen: popooloo d'Ifalia, corieerre della serrra, zu sedis, 
zu zehn gleichzeitig, rechts, links, unten, oben brüllts. Aber was wahr ist, muss wahr 
bleiben. Wenn mal alle unsere Herren Kammersänger ihre Kehlen so beherrschten 
wie diese musikalischen Sonnenfaulpelze, so würde auch ich mal wieder ins „König 
liche'* gehen und mir „Martha" anhören. 
Unvergleichlich schöne Hände nähen die Venise-Spitzen 
Deutschland hat 
Ullsteinmuster zum Aufplätten. Die Tauben aber auf dem Markusplatz blühen und 
gedeihen, denn eine internationale Kriegsgewinnler-Gesellschaft steht herum auf diesem 
Marmorbretf, bunter denn je 
oft ist man nichts als ein Gestell für einen über 
ebensgrossen Pelz oder unumgänglicher Kommentar zu einer edlen Feder und 
ja, was tut man eigentlich 
ja nichts 
man ist da. 
Und die Adria spielt hier eine Rolle, und mit mehr Berechtigung als Befhmann 
Hollweg einst eine spielte; denn Venedig wäre nicht Venedig, wenn die Adria nicht 
wäre. Diese Lagunenstadt mit dem Kanal Grande, in der kein einziger Wagen rollt, 
die so tot ist, wie es der Militarismus in Deutschland leider nicht ist, und schön, dass 
der neue Campanile immer zart errötet steht; er kann aber nichts dazu, denn alles 
ist alt, er aber ist sooo neu. Drüben aber Santa Maria Salute hat so keusche Linien 
wie 
nun sagen wir mal — Rosa Valefti; San Marco aber — Kaiser Wilhelm hätte all 
die goldenen Mosaiksteinchen für bare Münze ausgegeben und noch drei Jahre Krieg 
damit gespielt. Auch die vier römischen Pferde wären unter seinen Händen wie die 
Kirchenglocken zerflossen; Kugeln sind wichtiger als antike Kunst, ausserdem macht 
man Neues. Zu was leben sonst diese Schinkels; und für den Colleoni sitzt Friedrich 
der Grosse auf dem Pferde und macht sich ebenso schön. Aber, wenn Sie nach 
Venedig kommen, und besonders wenn Sie aus Sachsen sind, vergessen Sie nicht Ihrer 
Frau eine Mosaikbrosdie dortselbst zu kaufen, sie wird sich unbeschreiblich freuen; 
die kleinen Guitarren sind entzückend, entzückend sage ich. Die Venezianerin aber 
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