Tranz BCei ■ Vom Hag
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die Confederation of Europe heraus, nicht die künftige, sondern jene
von 1813 bis 1823, und nannte sie ein Experiment in der intern
nationalen Friedensorganisation. Sehr interessant ist darin vieles
Neue über den unglücklichen Castlereagh, den besserer Nachruhm
nicht trösten kann über die Ungerechtigkeit, die er von seiner Zeit
erfuhr. Er war es, und er allein, der den seltsamen Gründer der
Heiligen Allianz so behandelte, daß nicht virulent wurde, was er
latent war: eine große, allgemeine Gefahr. In diesem Alexander
lebten beisammen: Gewissensbisse über seine Teilnahme an der Er*
mordung Pauls, die Doktrin der Enzyklopädisten, Mystik, die sich
an der Apokalypse und Madame Krüdener berauschte, die grenzen*
lose Überzeugung, ein ebenso großer Mensch wie Potentat zu sein,
und eine Heilige Allianz, die sich wie der rabiate Christ zum Mit*
menschen äußert: »Wenn du den Menschen nicht liebst, schlag ich
dir den Schädel ein!« Man war in der Zeit von 1815 bis 1823
außerordentlich kriegsmüde, und die Zeit einer europäischen Kon*
föderation schien so günstig wie nie,- alle bis auf den Papst und den
englischen Regenten hatten die prachtvollen Artikel der Heiligen
Allianz unterschrieben: in dieser Zeit mußten zwei Kriege als un*
vermeidlich und nötig geführt werden, und der Kongreß von Verona
zeigte, daß Europa nie weniger föderiert war, als 1822. »Lieber den
Krieg als etwas von dem aufgeben, was ich halte und besitze,« er*
klärte der Allianzzar Alexander. Die lauten Friedensfreunde scheinen
die ständige Kriegsgefahr sein zu müssen.
3.
DER IRE
In Rudolf Borchardts Rede »Der Krieg und die deutsche Selbst*
einkehr« <bei Weißbach in Heidelberg), der ersten im Ethos und
im Gedanken großen Schrift in der Schlammflut der Kriegsliteratur,
steht der Satz: »Das deutsche Publikum scheint mir einer doppelten
Täuschung des Blickes zu unterliegen: es unterschätzt die reale
Resistenz der äußeren englischen Macht etwa in dem Maße, in dem
es die Solidität seiner inneren Macht überschätzt. Es hat Lloyd